Am Samstag wurde in Hamburg, Nürnberg, Frankfurt und Bonn der Jahrestag der Revolution von Rojava gefeiert. Auf den bunten Veranstaltungen wurde auf die erkämpften Errungenschaften hingewiesen, die vom türkischen Staat akut bedroht werden.
Am 19. Juli 2012 begann die Revolution von Rojava. Im Vorfeld des Jahrestags haben diverse Veranstaltungen in Deutschland stattgefunden, so auch in Hamburg, Nürnberg, Frankfurt und Bonn.
Hamburg: Zehn Jahre Revolution in Rojava
Am Samstagnachmittag fand in Hamburg die Feier zum zehnjährigen Bestehen der Revolution in Rojava statt. Im Schanzenviertel, vor und in der Roten Flora, kamen zahlreiche Menschen zusammen, um auf die Errungenschaften der Selbstverwaltung aufmerksam zu machen.
Die Feier wurde von diversen Gruppen organisiert. Neben dem Kurdischen Gesellschaftszentrum beteiligten sich die Initiativen Gemeinsam Kämpfen und Women Defend Rojava, verschiedene lateinamerikanische Gruppen und weitere solidarischen Organisationen an der Veranstaltung.
Das Programm umfasste sowohl politische Reden als auch kulturelle Beiträge. Neben den kurdischen Musiker:innen Jiyan Qamişlo und Rafa Kurd trat auch die Folkloregruppe „Koma Afrin“ auf. Gegen Ende der Veranstaltung spielte die Band „Alicante Leguero“ von Chile Despertó verschiedene revolutionäre Lieder. Dazu wurde ausgiebig getanzt.
Redebeiträge gab es von der PYD, von Fed-Dem, Kon-Med, Women Defend Rojava, YPJ International, einer antifaschistischen Jugendgruppe, von Young Struggle sowie von dem sich in Gründung befindenden Verein „Eltern für Frieden“.
So grüßte etwa der zuletzt genannte Verein die Menschen in Nordostsyrien mit folgenden Worten: „Wir als Eltern, Geschwistern, Familien bekunden unseren großen Respekt und unsere Anerkennung für die Menschen in dieser Region, für unsere Kinder, die es gemeinsam schaffen, kleine und große Schritte für eine Gesellschaft zu gehen und heute schon zu leben, in der die drei Grundprinzipien Frauenbefreiung, Ökologie und Basisdemokratie ein friedliches Zusammenleben der vielen Religionen, Völker, Sprachen ermöglichen. In diesem Sinne senden wir unsere uneingeschränkten solidarischen Grüße an unsere Freund:innen in Nordostsyrien, im Şengal, in Mexmûr und in allen anderen Gebieten dieser Region. Wir verbinden unsere Grüße damit, dass wir von unseren Kindern gelernt haben und jeden Tag weiter lernen, dass eine friedliche demokratische herrschaftsfreie Gesellschaft möglich ist und das Engagement, den Beitrag, den Kampf von Vielen, von Allen erfordert.“
Die Kampagne Women Defend Rojava wies darauf hin, dass die Revolution in Rojava eine Revolution der Frauen sei, die international viele feministische Bewegungen inspiriere. Zudem zeige der kurdische Befreiungskampf, der Widerstand in den Bergen Kurdistans und die Revolution in Nord- und Ostsyrien, dass „eine gesellschaftliche Alternative auf Grundlage von Pluralismus, Demokratie, Ökologie und Geschlechterbefreiung möglich ist. Sie haben ein Feuer des Widerstands in unsere Herzen getragen. Tragen wir dieses Feuer weiter! Lasst uns Brücken schlagen, unsere Kämpfe verbinden und über Zeit und Ort hinweg vervielfachen“
In den Räumlichkeiten der Roten Flora und im Garten gab es zudem mehrere Ausstellungen zu sehen: „Frühling der Frauen“, „Jinwar“, Fotos aus Kobanê aus den ersten Jahren von Veysi Altay sowie Grafiken aus dem Comic der chilenische Zeichnerin Su Rivas „Chile ist aufgewacht!“. Infotische und Essen trugen dazu bei, miteinander ins Gespräch zu kommen. Insgesamt war die Feier auf vielen Ebenen erfolgreich. Die Errungenschaften und Kämpfe der Bevölkerung in Nordostsyrien wurde an diesem Nachmittag eindrücklich der Öffentlichkeit nähergebracht und entsprechend gewürdigt. Zudem zeigte sich auch die inhaltliche Verbundenheit, die weltweit Menschen mit der Revolution zusammenbringt. Damit wurde zuletzt auch die Notwendigkeit betont, auch hier für die Verteidigung dieser einzustehen – eine dringliche Aufgabe, insbesondere im Lichte der aktuellen Bedrohungen.
Nürnberg: „Bijî Şoreşa Rojava – Es lebe die Revolution in Rojava“
Ein Openair-Konzert bot in Nürnberg den Rahmen für ein Fest zum 10. Jahrestag der Revolution von Rojava. Gemeinsam feierte man den Aufbau des Demokratischen Konföderalismus mit den drei Pfeilern Frauenbefreiung, soziale Ökologie und Basisdemokratie. Abdullah Öcalan, der Wegbereiter dieser Alternative zur kapitalistischen Moderne, war durch die Parole „Bijî Serok Apo“ immer präsent. Man wusste, wem man zu danken hatte. Überall wehten Fahnen der Selbstverteidigungskräfte YPG und YPJ, die beschützen, was gemeinsam erkämpft wurde. Mit einer Schweigeminute wurde der vielen Gefallenen gedacht, die für diese Revolution ihr Leben gegeben haben.
Durch den Abend führte auf Kurdisch und Deutsch Azad Heval. Er gab zunächst der Sprecherin der PYD das Wort, die die Erfolge der Rojava-Revolution hervorhob. Als nächster sprach Tahir Köcer im Namen des KNK (Nationalkongress Kurdistan) und gratulierte zum 10. Jahrestag. Danach wurde eine Ansprache von Mazlum Abdi eingespielt. Die zahlreichen Zuhörer:innen, darunter viele aus Rojava, lauschten aufmerksam, ging es doch auch um die aktuelle Bedrohung durch die Türkei und ihre dschihadistischen Söldner.
Nach den Reden folgte das Musikprogramm. Şeyda Perinçek schickte mit „Ez gerilla me” zunächst einen Gruß an den kämpfenden Teil der Bewegung. Sherif Omeri aus Rojava schließlich heizte mit „Azadî” und anderen Liedern aus seinem Repertoire dem überwiegend jugendlichem Publikum ordentlich ein, das begeistert mitsang und tanzte.
Der Frauenrat vom Medya Volkshaus sorgte für ein leckeres Buffet mit kurdischem Essen. An einem Bücherstand wurden Schriften der kurdischen Bewegung angeboten und Unterschriften gesammelt für die Kampagne „Justice for Kurds“, die sich für die Streichung der PKK von der EU-Terrorliste und gegen die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung einsetzt.
Frankfurt: „Zehn Jahre Basisdemokratie, Frauenbefreiung und Ökologie“
In Frankfurt a.M. wurde unter dem Motto „Zehn Jahre Basisdemokratie, Frauenbefreiung und Ökologie“ auf dem Gelände des FC Serkeftin 92 an der Babenhäuser Landstraße gefeiert. Das Fest war eine gemeinsame Veranstaltung von Women Defend Rojava, RiseUp4Rojava, Frauenrat Amara, Kurdisches Gesellschaftszentrum, Städtefreundschaft Frankfurt-Kobanê e.V. sowie der Studierendenverbände YXK und JXK Frankfurt. In Redebeiträgen wurden die Errungenschaften der Revolution gewürdigt, die es heute mehr denn je zu schützen gelte. Im Anschluss gab es ein Konzert von Koma Hezex.
Film, Musik und Tanzen in Bonn
In Bonn wurde in der „Alten VHS“ mit ca. 100 Teilnehmer:innen der 10. Geburtstag der Revolution in Rojava gefeiert. Eingeladen hatten die Bonner Organisationen Anarchistisch-Sydikalistische Jugend, solid, die Falken und das Solidaritätskomitee Kurdistan. Nachmittags wurde sich hinter einer riesigen TEV-DEM-Fahne versammelt, um eine Videobotschaft gegen den angekündigten Angriffskrieg der Türkei und für die Forderung einer Flugverbotszone über Rojava zu filmen.
Als Programm wurde der Film „The Land Between Two Rivers“ gezeigt, und es gab Livemusik, u.a. kurdische und deutsche revolutionäre Lieder zum Mitsingen. Bei ausgelassener Stimmung wurde schließlich dazu getanzt.
Abends kamen weitere Gäste dazu, die tagsüber in Mainz bei den antifaschistischen Protesten gegen einen Naziaufmarsch demonstriert hatten.[1]