Satellitenfotos belegen die massive Zerstörung der Waldgebiete in #Nordkurdistan#. Durch Abholzung und gelegte Brände existiert auf vielen Bergen kein Wald mehr. Die Zerstörung der Natur ist Teil der türkischen Kolonial- und Kriegspolitik.
In der nordkurdischen Provinz #Şirnex#, dem Kern der Widerstandsregion Botan, befinden sich die Natur und insbesondere die Wälder im Visier des türkischen Staates. Immer neue Militärfestungen entstehen und in ihrer Umgebung wird jegliche höhere Vegetation vernichtet. Das gleiche gilt für die Militärstraßen, die zu den Stützpunkten der türkischen Besatzungsarmee führen. Seit 2019 hat dieser Prozess Fahrt aufgenommen. Vom Regime ausgestattete Paramilitärs, sogenannte Dorfschützer, haben seitdem aus „Sicherheitsgründen“ Zehntausende Bäume am Massiv des Cûdî gefällt. Die Dörfer Cinîwer (Bilecik), Xerbigê Bestin (Dedeören), Navyan (Güneyçam), Bêlûzer (Küllüce), Şereevan (Şerevan) und Rîsor (Risor) sowie die Gebiete Kaniyamîr, Birateto, Birapeşo, Deyndarok, Serêrû, Tîkera, Qûrteka Pêşya und Girê Derîncê liegen in „besonderen Sicherheitszonen“ und dürfen nicht betreten werden. Um sie herum wird der Raubbau am Wald fortgesetzt.
Während die juristischen Versuche gegen die Waldvernichtung noch immer keine grundlegenden Ergebnisse gebracht haben, zeigen Satellitenfotos auf Google Earth das Ausmaß der Zerstörung. Legt man die Fotos aus den Jahren 2020 und 2021 nebeneinander, so sticht der dramatische Unterschied sofort ins Auge. Viele von den Regionen, die auf den Aufnahmen aus dem Jahr 2021 noch bewaldet sind, sind dies heute nicht mehr.
Die Nachrichtenagentur MA sprach mit den Einwohnern der betroffenen Region. Zeki Irmez wehrt sich gegen die Zerstörung der Natur. Er ist einer der Besitzer der Waldgebiete und sagt: „Wir hatten uns entschieden, keine Bäume mehr zu fällen, da sie ohnehin jedes Jahr abgebrannt werden. Im Jahr 2018 wurde aber trotzdem mit der Rodung am Cûdî begonnen und von dort aus ging es in den vergangenen zwei Jahren bis in die Region Besta weiter.“
Er berichtet, man habe eine Petition eingereicht, um die Abholzung zu stoppen. Sie seien mit ihrem Antrag aber zwischen den Institutionen hin- und her geschickt worden: „Wir fuhren nach Riha und reichten unsere Petition ein. Sie schickten uns zurück nach Şirnex. Wir haben uns mit der Provinzialdirektion getroffen. Dort sagte man uns: ‚Diese Situation übersteigt unsere Kompetenz. Die Abholzung geschieht aus Gründen der Sicherheit.‘ Weder das Vorgehen noch die Ausschreibungen sind rechtskonform. In der Ausschreibung heißt es, dass zehn Tonnen Holz gefällt werden sollen, aber sie roden alles ab. Unter dem Deckmantel der ‚Sicherheit‘ wird größter Profit erzielt.“
Nach den Abholzungen erhielten sie als Landbesitzer einen Anteil, sagt Irmez. Er akzeptiere dies aber nicht: „Das Geld wurde auf mein Konto überwiesen, obwohl ich das wollte. Ich werde das Geld nicht abheben. Das hängt mit der kurdischen Frage zusammen. Es gilt hier kein Gesetz. Der Staat hat schon früher Dörfer aus ‚Sicherheitsgründen‘ evakuiert und so viele Menschen massakriert. Wenn man rechtlich dagegen vorgehen will, beschäftigen sich die Gerichte nicht damit, da es ja um ‚Sicherheit’ geht. Hier gilt, wie gesagt, kein Gesetz.“
„Wir wollen diese Rodungen nicht“
Bahattin Alkış kämpft juristisch gegen die Abholzung der Wälder in der Region Basyan in der Provinz Sêrt. Er berichtet von dem Kampf der Menschen in dem Gebiet: „Jetzt werden auch unsere Bäume abgeholzt. Als wir davon erfuhren, legten wir bei der Forstdirektion von Şirnex, der Regionaldirektion für Forstwirtschaft von Riha, bei der Militärpolizei, dem Gouverneur und der Forstdirektion von Sêrt Widerspruch ein. Wir sagten, dass das Gebiet uns gehört und dass unsere Bäume ohne unser Wissen gefällt wurden. Wir legten Widerspruch ein und erklärten, dass wir die Rodung nicht akzeptieren würden.“
Die Rodung sei nach dem Antrag gestoppt worden, sagt Alkış und fährt fort: „Sie haben dort 160 Tonnen Bäume gefällt. Unsere Anträge wurden bisher noch nicht beantwortet. Wir wissen nur, dass die Rodung in der Region auf unseren Einspruch hin gestoppt wurde. Auch der Transport der gefällten Bäume wurde gestoppt. Die Leute dort wollen sich mit uns treffen, um das Holz abzutransportieren, aber wir weigern uns. Sie wollen eine Militärfestung aus ‚Sicherheitsgründen‘ bauen. Es heißt, dass die Straße nach Wan ausgebaut werden soll. Wir wollen auf keinen Fall, dass unsere Bäume und die Natur zerstört werden. Wir haben uns auch an den Protesten dagegen beteiligt.“
„Wir dürfen unsere Grundstücke nicht betreten“
Alkış bezeichnet die Rodungsarbeiten als „Plünderung und Vernichtung“ und erklärt: „Wir wollen, dass dieser Raubbau an der Natur gestoppt wird. Wegen der Militäroperationen können wir im Moment nicht in das Gebiet fahren. Sie sagen, es sei eine Sicherheitszone, ein Kriegsgebiet. Auch Richter können nicht in die Region kommen. Für diejenigen, die die Bäume fällen, ist das aber ohne Probleme möglich, für uns, die Richter und Grundbesitzer, ist es verboten. Sie tun dies, um die Region zu entvölkern und vollständig zu entwalden.“[1]