Donnerstag,10 Nov. 2022
QSD-Kommandant Mazlum Abdi hat sich auf einem Symposium zum Hintergrund und den Folgen des HTS-Vormarsches in #Nordsyrien# und der Haltung des türkischen und syrischen Regimes geäußert. Am Wochenende war eine US-Delegation in der Autonomieregion.
Der Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Mazlum Abdi, hat sich auf einem Symposium zu den Entwicklungen in Efrîn geäußert. Auf dem Symposium, zu dem der Demokratische Syrienrat (MSD) in Fafin im Kanton Şehba eingeladen hatte, berieten politische Vertreter:innen am Mittwoch über den Vormarsch des Al-Qaida-Ablegers „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) in der türkischen Besatzungszone Nordsyriens und die Haltung des türkischen und syrischen Regimes. Abdi nahm via Zoom an der Beratung teil.
Der QSD-Kommandant erklärte, dass Efrîn seit über vier Jahren von der Türkei besetzt ist und in diesem Zeitraum viele Entwicklungen in Syrien und insbesondere in den besetzten Gebieten stattgefunden haben. Die Türkei habe sich als Besatzungsmacht zu etablieren versucht und dabei auf dschihadistische Banden gesetzt: „Weil die türkischen Besatzer ihre Politik in Efrîn nicht über diese Banden durchsetzen konnte, haben sie die HTS-Banden in die Region gebracht, denn diese Organisation ist dazu in der Lage. Der türkische Staat will eine zentrale Autorität aufbauen, um seine Pläne für eine Erweiterung der Besatzungszone umzusetzen. Im Zuge der Annäherung zwischen Damaskus und Ankara in der letzten Zeit haben einige der Banden erkannt, dass diese Politik nicht in ihrem Interesse ist. Mit HTS soll diesen Banden eine Lektion erteilt und verdeutlicht werden, dass es Alternativen zu ihnen gibt.“
Der Bevölkerung müsse klar sein, dass sich durch diese Entwicklung eine Veränderung an der Front ergebe, sagte Abdi weiter. Weil HTS durchsetzungsfähiger sei, seien die dschihadistischen Söldnerbanden, die gegen die QSD keine Fortschritt erzielt hätten, ausgetauscht worden. „Die türkische Besatzungsmacht setzt jetzt auf auf al-Qaida, die von HTS repräsentiert wird, und will Hilfe bei der Besetzung weiterer Gebiete in Syrien“, so Abdi. Der angebliche Antiterrorkampf auf der Welt finde nur zum Schein statt und Efrîn sei nicht nur von der Türkei besetzt worden, sondern als Ergebnis eines internationalen Abkommens. Das Scheitern dieses Komplotts werde die Befreiung von Efrîn ermöglichen: „Wir müssen die Bedingungen für die Befreiung Efrîns von der türkischen Besatzung herstellen. Am wichtigsten sind die politischen und militärischen Voraussetzungen. Wir haben die Kraft, nicht nur Efrîn, sondern alle besetzten Gebiete zu befreien.“
In diesem Zusammenhang sei es wichtig, die Verbrechen in der türkischen Besatzungszone zu dokumentieren und auf nationaler und internationaler Ebene zu thematisieren. Das sei die Grundlage für die Befreiung, erfordere jedoch Zeit.
Zu der Annäherung zwischen Ankara und Damaskus sagte Abdi: „Die größte Bedrohung für die Region ist momentan die Besetzung syrischer Gebiete durch die Türkei sowie die Annäherung an die Regierung in Damaskus. Damit geht eine Spaltung des syrischen Regimes einher und die türkische Besatzung wird gefestigt, weil keine Reaktion erfolgt. Die Zukunft Syriens liegt nicht in einer Annäherung an den türkischen Staat, der wie damals Hatay Teile Syriens besetzen und annektieren will. Syriens Zukunft und Interessen sind eine Selbstverwaltung, mit der Stabilität und Sicherheit einhergehen.“
Erdogan habe bereits vor Monaten einen neuen Angriff auf die Region angekündigt und entsprechende Propaganda betrieben. Mit der Veränderung der politischen Lage habe er keine Genehmigung für eine Großoperation bekommen und daher Zugeständnisse an Damaskus gemacht: „Gleichzeitig machte er Pläne, um die QSD und die Autonomieverwaltung zu schwächen, aber er hat keines seiner Ziele erreicht.“
Die einzige Lösung für Syrien sei die Bildung eines Mechanismus der Selbstverwaltung, erklärte Abdi und wies auf den Widerstand der Bevölkerung von Şehba und der Wohnviertel Şêxmeqsûd und Eşrefiyê in Aleppo gegen das Embargo des syrischen Regimes hin: „Diese drei Orte werden von der syrischen Regierung belagert, aber die Menschen leisten mit allen Mitteln und Methoden Widerstand. Die Bedingungen sind sehr schwierig, aber dieser Widerstand ist die Voraussetzung für die Befreiung Efrîns von den Banden und der Besatzung. Unser Plan ist es, mit der syrischen Regierung oder anderen Parteien über eine Lösung zu sprechen und das Leid der Menschen in der Region zu erleichtern. Dass die Autonomieverwaltung Dienstleistungen anbieten und die Lebensbedingungen erleichtern kann, ist uns ein wichtiges Anliegen.“
US-Regierungsdelegation besucht Nordostsyrien
Am vergangenen Wochenende hat ein Gespräch der QSD-Kommandantur mit einer US-amerikanischen Regierungsdelegation stattgefunden. Die Delegation unter der Leitung von Ethan Goldrich, dem stellvertretenden Staatssekretär für Nahostfragen, wurde von Mazlum Abdi und der #YPJ#-Kommandantin Newroz Ahmed empfangen. Weitere Mitglieder der Delegation waren Ian Moss, stellvertretender Koordinator im Büro für Terrorismusbekämpfung; Scott Turner, stellvertretender Staatssekretär für das Büro für Migration und Flüchtlinge; Ilan Goldenberg, stellvertretender Hauptstaatssekretär für internationale Sicherheitsfragen; Ian McCary, ehemaliger Chargé d' Affairs der US-Mission in Afghanistan; Jake Alter, Landesdirektor für Syrien im Büro des Unterstaatssekretärs für Verteidigungspolitik; und Generalmajor Matthew W. McFarlane, Kommandeur der Combined Joint Task Force-Operation Inherent Resolve (CJTF-OIR).
Die US-Delegation war Berichten zufolge vor ihrem Besuch in Syrien zu Gesprächen in der Türkei. Inhaltlich ging es bei dem Treffen mit der QSD-Kommandantur um die Sicherheitslage in Nordostsyrien. Unter anderem wurde über die Sicherung der Gefängnisse für internierte Islamisten gesprochen. Die US-Delegation erklärte, sie stehe in ständigem Kontakt mit den Herkunftsstaaten der in den Lagern Hol und Roj untergebrachten Dschihadist:innen, um Rückführungen zu bewirken.
Vor dem Gespräch mit den QSD traf die US-Delegation mit Ilham Ahmed, der Exekutivausschussvorsitzenden des Demokratischen Syrienrats (MSD), und Bedran Çiya Kurd von der Abteilung für Außenbeziehungen der Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien (AANES), zusammen, um ähnliche Themen zu erörtern.[1]