Die türkische Luftwaffe bombardiert kurdische Städte in Nordsyrien und Nordirak.
Die türkische Luftwaffe bombardiert zur Stunde die Autonomiegebiete von Nord- und Ostsyrien (AANES) sowie die Kurdistan-Region Irak (KRI). Betroffen von den Angriffen in Nordsyrien sind Städte im Grenzstreifen, darunter #Kobanê#, Tel Rifat, Dêrik, Zirgan und Dirbesiyê. Über Minbic und Qamişlo kreisen ebenfalls türkische Kampfflugzeuge.
Allein auf das Zentrum von Kobanê sind binnen weniger Minuten mehrere Angriffswellen geflogen worden. Die Bombardements richteten sich auch gegen den Miştenûr-Hügel im Südosten von Kobanê, das Dorf Helincê und das Viertel Kaniya Kurda östlich der Stadt.
In Tel Rifat wurden unter anderem Bomben auf die Ortschaft Belûniyê abgeworfen. Dort befindet sich ein Auffanglager für Menschen aus #Efrîn#, die im Zuge des türkischen Angriffskrieges von 2018 vertrieben worden waren. Auch die nahegelegene Gemeinde Şêx Îsa sowie der Ort Şiwarxa im angrenzenden Kreis Şera im zerschlagenen Kanton Efrîn wurden aus der Luft bombardiert.
Nach Angaben des Pressesprechers der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Ferhad Şami, zielten Luftschläge auf die Gemeinde Zirgan (Abu Rasen), die östlich der bereits vollständig von der Türkei besetzten Stadt Serêkaniyê (Ras al-Ain) liegt, ebenfalls auf eine Vertriebenensiedlung sowie auf ein Weizensilo in Dehir Ereb, einem Ort im Norden der Region. Darüber hinaus wurden Militärposten von syrischen Regierungstruppen attackiert. Luftangriffe auf Regimekräfte werden auch aus Qizeli bei Girê Spî (Tall Abyad) und Tel Rifat gemeldet. Es habe mehrere Tote und Verletzte gegeben, die genaue Zahl ist unklar. Unter den Betroffenen sind syrische Soldaten.
In Dêrik wird eine große Opferzahl befürchtet. Dort bombardierten Kampfjets der türkischen Armee gleich mehrfach den Ort Teqil Beqil in der Koçerat-Region (Einzugsgebiet Dêrik). Nach einer ersten Angriffswelle strömten Menschen aus der Zivilbevölkerung in den Ort, um möglichen Opfern zu helfen. Daraufhin setzte eine zweite Angriffswelle ein. Der Kontakt nach Teqil Beqil ist abgebrochen.
Bisher zwölf Tote
Bisher werden zwölf Todesopfer und Dutzende Verletzte infolge der Luftangriffe auf Rojava gemeldet. Bei mindestens sechs der Toten handelt es sich demnach um Menschen aus der Zivilbevölkerung.
Luftschläge in Südkurdistan
Im südlichen Kurdistan auf dem Staatsgebiet des Irak kommt es in den Regionen Qendîl und Asos zu türkischen Luftangriffen. Das Asos-Gebirge liegt etwa 60 Kilometer nördlich von Silêmanî und gut 200 Kilometer von der türkisch-irakischen Staatsgrenze im Grenzgebiet zu Iran und wurde in den letzten Wochen wieder häufig von der Türkei bombardiert. In den Qendîl-Bergen vermutet die türkische Staatsführung das Hauptquartier der PKK, frühere Luftangriffe richteten sich aber primär gegen die Zivilbevölkerung. Gesicherte Angaben über das Ausmaß der Attacken in der KRI liegen noch nicht vor. Über dem ezidischen Hauptsiedlungsgebiet Şengal kreisen ebenfalls türkische Kampfbomber.
Türkische Streitkräfte: „Zeit der Abrechnung“
Die Türkei droht schon länger, eine weitere Invasion in Nordsyrien zu starten, um ihre illegale Besatzungszone auf alle anderen Städte im Grenzstreifen auszudehnen. Bisher erhielt die türkische Führung kein grünes Licht für neuerliche Massaker an Kurdinnen und Kurden. Das dürfte sich nun mit den Anschuldigungen Ankaras, für den Anschlag von Istanbul vor knapp einer Woche mit sechs Todesopfern seien die AANES und ihre Kampfverbände sowie die PKK verantwortlich, geändert haben. Die Selbstverwaltung, die YPG und PYD sowie zahlreiche weitere kurdische Organisationen hatten die Vorwürfe zurückgewiesen und davor gewarnt, dass die „haltlose Schuldzuweisung“ Vorwände schaffen solle, um Rojava erneut anzugreifen. Eine erste Stellungnahme der Türkei zu der Luftoffensive bestätigt die Vermutung: „Zeit der Abrechnung: Die Niederträchtigen werden für ihre verräterischen Angriffe zur Rechenschaft gezogen“, heißt es in einem Twitterbeitrag des türkischen Verteidigungsministeriums. In der KRI führt die türkische Armee bereits seit April eine völkerrechtswidrige Invasion durch.
Grünes Licht aus den USA?
Der Luftraum über Nordsyrien wird von Russland und den USA kontrolliert. Den Luftraum über dem Nordirak kontrollieren ebenfalls die Vereinigten Staaten. Ohne Zustimmung der Regierung in Washington geht selbstverständlich gar nichts.[1]