Unbestätigten Angaben zufolge gab es beim Besuch des Antifolterkomitees CPT auf der Gefängnisinsel Imrali keinen Kontakt zu #Abdullah Öcalan#. Das Verteidigerteam fordert Aufklärung und unverzüglichen Zugang zu seinem Mandanten.
Die Istanbuler Anwaltskanzlei Asrin hat eine schriftliche Erklärung zur Isolation von Abdullah Öcalan und ihrer weiteren Mandanten im Hochsicherheitsgefängnis Imrali abgegeben. Darin heißt es, dass Öcalan unbestätigten Angaben zufolge nicht an einem Gespräch mit der Delegation des CPT (Komitee zur Verhütung von Folter) bei einem Besuch auf der Gefängnisinsel im September teilgenommen hat.
Das Anwaltsteam erklärt, der Besuch des CPT habe die Bedenken nur noch verstärkt, weshalb im Oktober ein persönliches Gespräch mit Vertretern des Antifolterkomitees des Europarats geführt wurde. Das CPT habe jedoch nicht die geringsten Informationen über die Bedingungen der Imrali-Gefangenen weitergegeben und auch keine Fragen beantwortet. Die Kanzlei fordert unverzüglichen Kontakt zu ihren Mandanten.
In der Erklärung heißt es:
„Unser Mandant, Herr Abdullah Öcalan, ist seit Februar 1999 im Hochsicherheitsgefängnis Imrali inhaftiert, und Herr Hamili Yıldırım, Herr Ömer Hayri Konar und Herr Veysi Aktaş seit März 2015. Ihre Haftbedingungen weichen von den Grundsätzen der nationalen Gesetzgebung ab, da sie keines ihrer Grundrechte in Anspruch nehmen können.
Obwohl wir zahlreiche Anträge und Beschwerden in dieser Angelegenheit eingereicht haben, sind die Rechte unserer Mandanten bis heute nicht geklärt worden. Der letzte physische Kontakt mit ihnen fand im Rahmen eines Familienbesuchs am 3. März 2020 statt. Danach wurde unseren Mandanten kein direkter Kontakt zur Außenwelt gestattet. Durch außergewöhnliche Umstände gezwungen, erlaubten die Behörden ausnahmsweise Telefonate am 25. März 2021, ein Jahr nach dem letzten Besuch. Unsere Mandanten Ömer Hayri Konar und Veysi Aktaş boykottierten das Telefonat aus Protest gegen die Isolation, der sie ausgesetzt waren. Das Telefonat von Herrn Öcalan mit seinem Bruder brach nach wenigen Minuten ab. Nach diesem problematischen Kontakt war es nicht möglich, bestätigte Informationen über unsere Mandanten zu erhalten.
Seit diesen Telefonaten vor zwanzig Monaten sind unsere Mandanten völlig von der Außenwelt isoliert und werden in absoluter Isolationshaft gehalten, ein Zustand, der gegen universelle Rechtsstandards und nationale Gesetze verstößt und Folter und Misshandlung darstellt. Obwohl wir viele Versuche unternommen haben, um auf die Folgen dieser Behandlung aufmerksam zu machen und eine Verbesserung zu erwirken, konnten wir leider keine Ergebnisse erzielen.
Wir haben Beschwerden eingereicht und uns an das Büro des Bürgerbeauftragten, die Untersuchungskommission für #Menschenrecht#e der Großen Nationalversammlung der #Türkei#, die Institution für Menschenrechte und Gleichberechtigung der Türkei, das Justizministerium und seine zuständigen Abteilungen sowie an viele Nichtregierungsorganisationen gewandt.
Eine Frage des Rechts und der Demokratie
Wir haben auch Anträge beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, beim Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen und bei den für die Bekämpfung der Folter eingerichteten Unterabteilungen gestellt. Diese Anträge sind weitgehend unbeantwortet geblieben und haben keine greifbaren Ergebnisse in Bezug auf eine Änderung der Isolationspraxis im Imrali-Gefängnis erbracht.
In diesem Zusammenhang möchten wir daran erinnern, dass der damalige Justizminister im Jahr 2019 nach dem Empfang von Mitgliedern des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) erklärte, dass es keine Hindernisse für den Empfang von Besuchern durch die Insassen des Gefängnisses gebe. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kampf gegen die Isolation die Form von Hungerstreiks angenommen und seine Rechtmäßigkeit wurde von der demokratischen Öffentlichkeit anerkannt. Wir möchten jedoch betonen, dass es sich hier um ein Problem des Rechts und der Demokratie handelt, und wir erwarten daher, dass die betreffenden Gruppen, die zugesagt haben, den Kampf zu übernehmen, ihre Versprechen einlösen.
Berichte werden nicht öffentlich gemacht
Weder nach nationalen noch nach internationalen Rechtsnormen kann ein Gefängnis vollständig von der Außenwelt abgeschottet werden. Eine Straf- und Vollzugsanstalt, die von Anwältinnen und Anwälten sowie von den Familienangehörigen der Gefangenen nicht besucht werden kann und in der das Recht der Gefangenen auf Korrespondenz und Telefonate nicht anerkannt wird, ist schlichtweg inakzeptabel. Einem Gefangenen kann der Kontakt zu einem Anwalt nicht vollständig verwehrt werden. Die Behörden sind gesetzlich verpflichtet, unter allen Umständen ein Mindestmaß an Kommunikation zu ermöglichen. Trotzdem werden wir seit 20 Monaten daran gehindert, auch nur Nachrichten von unseren Mandanten zu erhalten. Die Berichte der Überwachungsgremien der Provinzgefängnisse, die gesetzlich verpflichtet sind, das Gefängnis alle zwei Monate zu besuchen und ihre Beobachtungen und Feststellungen vor Ort mitzuteilen, werden nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben.
Seit zwanzig Monaten keine Informationen
Uns liegen keine Informationen darüber vor, ob unsere Mandanten Zugang zu Informationen haben, ob die ihnen zur Verfügung gestellten Bücher der Zensur und Einschränkungen unterliegen, wie lange es dauert, bis sie Tageszeitungen und Zeitschriften erhalten, und wie ihr Zugang zu Fernsehen und Radio aussieht. Wir sind uns außerdem bewusst, dass die Disziplinarstrafen, die als Rechtsgrundlage für Besuchsverbote angegeben werden, auch dazu benutzt wurden, das Recht unserer Mandanten auf gemeinsame Aktivitäten zu beeinträchtigen. Der fadenscheinige und unannehmbare Charakter der Disziplinarstrafen wurde vom CPT in seinen Berichten hervorgehoben. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir aufgrund rechtswidriger Tendenzen und politischer Entscheidungen seit 20 Monaten keine Informationen über die Behandlung und die materiellen Bedingungen von Herrn Abdullah Öcalan und unseren anderen Mandanten im Imrali-Gefängnis erhalten konnten.
Der CPT-Besuch hat unsere Besorgnis noch verstärkt
In der Zwischenzeit war der Besuch des CPT in der Türkei vom 20. bis 29. September 2022 der einzige relevante Anlass, der unsere Besorgnis über den Zustand der absoluten Isolation in dem Gefängnis hätte ausräumen können. Bei diesem Besuch, der sich auf Abschiebezentren konzentrierte, schloss das CPT auch Imrali ein, obwohl dies nicht zu seinem Routineprogramm gehörte.
Obwohl ein solcher Besuch im Mittelpunkt unserer Forderungen an das CPT stand, hat die Art und Weise, wie sich dieser Besuch tatsächlich abgespielt hat, sowohl vor als auch nach dem Besuch, unsere Bedenken nur noch verstärkt. Aus diesem Grund hielten wir am 13. Oktober 2022 ein persönliches Treffen mit dem CPT ab, nachdem das Komitee auf unsere Terminanfrage positiv reagiert hatte. Bei diesem Treffen gaben die CPT-Vertreter nicht die geringsten Informationen über die Bedingungen unserer Mandanten und beantworteten auch keine unserer Fragen. Während des Treffens, das etwa 45 Minuten dauerte, erinnerten uns die Vertreter an die Verfahrensweise, an die das CPT gebunden ist, und teilten uns mit, dass sie einen Bericht über ihren Besuch erstellen und ihn der Türkei vorlegen würden, und dass sie diesen Bericht nur mit Zustimmung der Türkei an die Öffentlichkeit weitergeben könnten. Aus Erfahrung wissen wir, dass dieses Verfahren ein bis eineinhalb Jahre dauert. Unter den gegenwärtigen Umständen, in denen wir keinerlei Nachrichten von unseren Mandanten erhalten, kann eine solche Zeitspanne jedoch einen nicht wiedergutzumachenden Schaden bedeuten. Wir kennen zwar die Konventionen und Verfahren, an die das CPT gebunden ist, aber wir wissen auch, dass dies das CPT nicht daran hindert, Informationen über die Haftbedingungen unserer Mandanten zu liefern, von denen wir seit 20 Monaten nichts mehr gehört haben.
Darüber hinaus gibt es Gerüchte, dass Herr Öcalan während des Besuchs des CPT auf der Insel Imrali im September 2022 nicht an einem Gespräch mit der Delegation teilgenommen hat. Leider konnten wir dieses Gerücht bei unserem Treffen mit dem CPT nicht verifizieren. Bei den Besuchen des CPT handelt es sich im Wesentlichen um Gespräche mit Gefangenen unter vier Augen. Sollten sich diese Gerüchte bewahrheiten, würde dies die Besuche des CPT noch kontroverser machen. Aus den oben genannten Gründen haben sowohl der letzte Besuch des CPT als auch unser letztes Treffen mit dem Komitee unsere Bedenken eher noch verstärkt. Die Grundwerte und das Völkerrecht, an das es gebunden ist, verlangen vom CPT, dass es über seinen Besuch auf der Insel Imrali, die in seine Zuständigkeit fällt, Auskunft gibt.
„Wir fordern sofortigen Kontakt“
Unsere regelmäßigen Briefings und Anfragen an das CPT werden fortgesetzt. Außerdem haben wir beim Justizministerium ein Treffen mit dem Minister beantragt, um den Ernst der Lage zu verdeutlichen und die verfügbaren Daten mitzuteilen. Wir stellen weiterhin regelmäßig Anträge bei der Oberstaatsanwaltschaft Bursa, dem Büro des Vollstreckungsrichters und der Gefängnisverwaltung, damit unsere Mandanten im Imrali-Gefängnis ihren Rechtsbeistand sehen können.
In diesem Zusammenhang fordern wir weiterhin und bestehen darauf, dass unsere Mandanten unverzüglich Kontakt zu ihren Anwältinnen und Anwälte bekommen, dass die zuständigen Institutionen positiv auf unsere Anfragen reagieren und die notwendigen Informationen zur Verfügung stellen, wie es ihre Pflichten erfordern. Wir gehen mit unserer heutigen Erklärung an die Öffentlichkeit in der Überzeugung, dass alle, die sich für die Grundrechte und -freiheiten einsetzen, die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und mit der nötigen Sensibilität handeln werden, um diesen unmenschlichen Zustand zu überwinden.[1]