Die AKP/MHP-Regierung hat die Gesellschaft der Türkei durch die Mobilisierung aller staatlichen Mittel zu einem grundlegenden Apparat für einen Völkermord an den Kurd:innen gemacht. In Kurdistan soll das Hizbulkontra-Netzwerk die Gesellschaft gestalten.
Gesellschaftliche Realitäten sind konstruierte Wirklichkeiten. Mit anderen Worten: Die menschliche Spezies und ihre Lebensweise, die Sozialität, sind konstruiert. Alle diese Konstruktionen sind das Produkt der Mentalität. Die menschliche Spezies, die Gesellschaft und das Leben werden durch die Mentalität geformt. So war es schon immer und so wird es auch in der gesamten Sozialgeschichte sein.
Anlässlich der Wahlen vom 14. Mai sagten fast alle, dass der Nationalismus und der Konservatismus in der Türkei auf den höchsten Stand gestiegen seien und das den Ausgang der Wahlen bestimmt habe. Ja, in der Tat gibt es in der Türkei einen Nationalismus, der sich allmählich in der Gesellschaft ausbreitet und die Vernunft bindet.
Nationalismus ist keine neue Entwicklung in der Türkei. Das Komitee für Union und Fortschritt war so nationalistisch und rassistisch, dass es mit dem Völkermord an den Armenier:innen, Assyrer:innen und Kurd:innen sogar Hitler inspirierte. Eine der Grundvarianten der mit der Gründung der Republik als „Kemalismus formulierten Ideologie ist der Nationalismus, der auch einer der sechs symbolischen Pfeile der CHP ist. Die 1923 gegründete türkische Republik kämpft noch immer darum, ein Nationalstaat zu werden, dessen Wesen der Faschismus ist. Diese Republik ist ein Konstrukt und hat nichts unversucht gelassen, um alle Unterschiede in der Türkei und in Kurdistan zu verschmelzen und zu zerstören. Auch wenn ihr das noch nicht gelungen ist, insbesondere im Falle der Kurd:innen, so war der Völkermord doch die einzige Politik in ihrer hundertjährigen Geschichte. Zwar gibt es unterschiedliche Nuancen, aber auf diese Politik haben sich alle Regierungen in der Geschichte der Republik im Wesentlichen gestützt. Sie haben sich für einen Völkermord an den Kurd:innen eingesetzt.
Bis zur faschistischen AKP/MHP-Regierung wurde diese Völkermordpolitik weitgehend im Rahmen des Kemalismus entwickelt. Das geschah unabhängig davon, ob die CHP, die Gründungspartei der Republik, an der Macht war oder nicht. Aber in der Regierungszeit der AKP/MHP kamen rassistischer Nationalismus und Türkentum mit dem Anschein von Ummahismus [politischer Islam] hinzu. Diese Macht, die selbst zum Staat geworden ist, hat durch die Mobilisierung aller staatlichen Mittel die türkische Gesellschaft zu einem grundlegenden Apparat für die Verwirklichung des Völkermordes an den Kurd:innen gemacht. In der gegenwärtigen Situation gibt es in der türkischen Gesellschaft immer weniger Menschen, die die Kurd:innen als eine Einheit mit Rechten betrachten. Nach dieser Mentalität ist ein Kurde, wenn es ihn geben soll, „ein stilles, fügsames, unterwürfiges Kurdentum, das dem Türkentum dient und sich als türkisch verstehen muss. Mit anderen Worten: Obwohl er kurdischer Herkunft ist, wird er in Wirklichkeit Türke sein.
Dabei handelt es sich um ein Konstrukt. Diese Konstruktion der AKP/MHP öffnet die Tür für alle Arten von Völkermord und Katastrophen. Und entgegen der landläufigen Meinung ist diese Tür nicht nur für Kurdinnen, sondern auch für Türkinnen weit geöffnet. So wie es denen erging, die in ähnlicher Weise Rassismus praktizierten.
Das faschistische AKP/MHP-Regime, das die türkische Gesellschaft auf diese Weise gestaltet, versucht nun, die kurdische Gesellschaft entsprechend seiner Völkermordpolitik zu konstruieren. Genauer gesagt, diese faschistische Macht, die gesehen hat, dass ihre bisherige Kapitulationspolitik nicht erfolgreich war, setzt dieses Mal Hizbulkontra ein, um die kurdische Gesellschaft von innen heraus zu erobern und sie nach ihren Vorstellungen aufzubauen. Dieses Netzwerk, das in den 1990er Jahren vor allem als Auftragskiller eingesetzt wurde, will es nun neben dieser Rolle vor allem auf ideologischer Basis nutzen. Der ehemalige Innenminister Soylu hat bereits deutlich gemacht, dass dieses Netzwerk ein Apparat der völkermordenden türkischen Republik ist. Der Einzug von Hizbulkontra ins Parlament soll es sichtbar machen, und alles, was dieses Netzwerk tut und tun wird, ist im Rahmen der Völkermordpolitik gegen die Kurdinnen.
Die Republik Türkei wird dieses Netzwerk von nun an noch sichtbarer machen und legitimieren. Sie wird verkünden, dass sie dieses Netzwerk zusammen mit der verräterischen PDK als kurdische Gesprächspartner ansieht. Während sie alle Arten von Organisationen der Freien Kurdinnen zerstört, wird sie diesem Netzwerk alle Arten von Organisationsmöglichkeiten schaffen. Während sie kein einziges Wort der Freien Kurdinnen dulden wird, wird sie diesen Völkermordapparat auf höchster Ebene im Namen der Kurden sprechen lassen. Sie wird alle Möglichkeiten mobilisieren, damit dieser Völkermordapparat durch Vereine, NGOs und Kommunalverwaltungen in intensivstem Kontakt mit der kurdischen Gesellschaft steht.
Darüber sollen alle Errungenschaften, die die kurdische Freiheitsbewegung in Kurdistan mit Zehntausenden Gefallenen erreicht hat, zerstört werden. Es wird versucht, die von Abdullah Öcalan initiierte Freiheitsrevolution im kurdischen Volk, insbesondere bei den Frauen, zu liquidieren. Derselbe Soylu hatte auch bestimmt, wer in der kurdischen Gesellschaft ins Visier genommen werden sollte, indem er sagte, dass es die kurdischen Frauen waren, die am meisten Widerstand leisteten.
Es ist klar, dass parallel zum rassistischen, faschistischen Türkismus mit dem Anschein der Ummah in der türkischen Gesellschaft von der verräterischen PDK und dem Völkermordapparat Hizbulkontra ein neues „Kurdentum in Kurdistan aufgebaut werden soll, das konservativ, kapitulierend, die Religion benutzt, kapitalistisch und frauenfeindlich ist.
Um die Freien Kurdinnen, die das Paradigma von Abdullah Öcalan für eine von Frauen geprägte demokratische Gesellschaft umsetzen, zu eliminieren, soll eine kapitalistische, kollaborative, faschistische, maskulinistische, unterwürfige Konstruktion entwickelt werden. Dieser Stand der Mobilisierung zeigt sowohl das Ausmaß der Gefahr als auch die Notwendigkeit, wachsam und sensibel zu sein und einen ideologisch-organisatorischen Kampf zu führen.
Quelle: Yeni Özgür Politika.[1]