Was ist passiert?
Bei einem Drittliga-Spiel wurden in der viertgrößten türkischen Stadt Bursa die Fußballspieler des Gastvereins #Amedspor# rassistisch diskriminiert und physisch attackiert. Schreckliche Szenen ereigneten sich am Wochenende beim Spiel zwischen Bursaspor und Amedspor, bei dem der Amedspor-Torwart Cantug Temel von einem festen Gegenstand getroffen wurde und zu Boden ging. Der Spielrasen war übersät von den herabregnenden Plastikabfällen und Gegenständen der Zuschauer*innen, die nach den Spielern von Amedspor schmissen. Zudem gingen die Spieler beider Fußballvereine aufeinander los, die durch schutzschildtragende Polizisten schwer zu trennen waren.
Trotz der chaotischen Zustände auf dem Feld wurde das Spiel nicht unterbrochen. Außerdem wurden auf der Tribüne des Stadions Plakate hochgehalten, die die Verfolgung der Kurd*innen in den 90er-Jahren symbolisierten. Diese zutiefst menschenrechtsverachtenden und diskriminierenden Bilder gingen um die Welt und zeigten den kurdischen Fußballverein Amedspor in einem erneut demütigenden und rassistisch angefeindeten Licht. Auch in der Vergangenheit wurden die Amedspor-Spieler mit rassistischen Beleidigungen, Volksverhetzung und physischen Attacken konfrontiert, die mehrheitlich von ultra-nationalistischen Personengruppen verübt worden sind.
Rassistische Lynchangriffe auf den kurdischen Fußballverein Amedspor
Bei dem Spiel kam es zu zahlreichen schweren Angriffen auf die Spieler und Teams des Vereins Amedspor. Es haben sich sowohl staatliche Sicherheitskräfte und Spieler als auch Fußballfans von Bursaspor an dem organisierten rassistisch motivierten Lynchangriff beteiligt. Es wurden gefährliche Objekte, wie Steine, Flaschen und Messer auf die Spieler von Amedspor geworfen, manche Spieler erlitten dabei Verletzungen.
Eine Chronologie der Anfeindungen und Hetze
Bereits ein Tag vor Spielbeginn versammelte sich ein rassistischer Mob vor dem Hotel in Bursa, in dem die Fußballspieler von Amedspor untergebracht wurden. Es wurden ultranationalistische und antikurdische Parolen gerufen, so wie die menschenverachtende Parole: „Glücklich schätze sich, wer sich Türke nennen darf“. Im selben Augenblick wurden Feuerwerkskörper auf das Hotel abgefeuert. Damit signalisierten sie dem kurdischen Verein, dass er hier nicht willkommen ist und die Spieler mit physischen Angriffen rechnen müssen. Aufnahmen zeigen Hetzjagden gegen Fans von Amedspor, die vor der Menschenmenge wegrennen oder vor laufender Kamera gedemütigt werden.
Verherrlichung von antikurdischem Terror und Vernichtungsfantasien
Während des Spiels wurden auf den Tribünen von Bursaspor Transparente mit Bildern des JITEM-Verbrechers Mahmut Yildirim („Yesil“) und von einem weißen Renault Toros gezeigt. Diese zwei Bilder sind Symbole des Staatsterrors der 1990er Jahre: Schätzungsweise 17.000 Kurd*innen wurden von 1980 bis 1999 auf brutale Weise entführt, gefoltert, ermordet und sind für immer verschwunden. Bilder von weißen Renaults vom Typ Toros, die mit Tausenden unaufgeklärten Morden und Gewaltakten in Zusammenhang stehen, weisen auf einen kontinuierlich organisierten antikurdischen Rassismus hin.
Präsident der Anwaltskammer von Amed, Nahit Eren, erklärt: „Wir sind uns der Botschaft bewusst, die durch die Zurschaustellung dieser Symbole, die mit all ihrer Dunkelheit im Gedächtnis der kurdischen Gesellschaft verankert sind, während eines Fußballspiels vermittelt werden soll. Mit diesen Drohungen soll eine Atmosphäre der Angst erzeugt werden.“
„Das Einzige, was in der Türkei nicht verboten ist, ist antikurdischer Rassismus“
Murat Sarısaç, Abgeordneter der pro-kurdischen Partei HDP, erklärte via Twitter: „Das Einzige, was in der Türkei nicht verboten ist, ist Rassismus gegen Kurden. Diejenigen die sagen, Fußball und Politik dürften nicht vermischt werden, schauen seit zwei Tagen bei den rassistischen Angriffen auf Amedspor einfach zu.“
Autor*innen: Dilek Kalin und Dawud Yildirim.[1]