Die Märtyrer von Hewler
Ismail Zagros - In der Nacht vom 13. auf den 14. Mai 1997 ist das türkische Militär mit 200.000 Soldaten und 10.000 „Dorfschützern“ - unterstützt von Kampfflugzeugen und Artillerie - in Südkurdistan (Nordirak) einmarschiert. Das türkische Militär und die damalige türkische Koalitionsregierung von Wohlfahrtspartei (türk. Refah Partisi) und Partei des Rechten Weges (türk. Doğru Yol Partisi) bezeichneten diese Operation als die größte Militäroperation, die in die türkische Geschichte einging. Diese Militäroperation war bis zu diesem Tag gleichzeitig auch der 19. Einmarsch des türkischen Militärs in Südkurdistan.
Bereits im Vorfeld des Einmarsches wurden die Grenzgebiete zum Irak und Iran flächendeckend bombardiert, wobei zahlreiche Dörfer in den Gebieten Haftanin, Sinath, Derkar, Gare u.a. zerstört wurden, sodass tausende BewohnerInnen flüchten mussten.
Vor Beginn des Einmarsches gaben die südkurdischen Parteien, die Patriotische Union Kurdistans (#PUK# ) und die Demokratische Partei Kurdistans (#KDP# ), durch ihre Medien bekannt, dass sie sich bei den Operationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (#PKK# ) nicht auf die Seite des türkischen Staates stellen und sich aus den Gefechten raushalten werden. Sie erklärten, dass sie nie wieder ihre Waffen gegen eine andere kurdische Organisation erheben werden. Das kurdische Volk forderte ein Ende des Brudermordes (Birakûjî) und rief zu einer Einheit auf.
Doch die KDP hielt ihr Wort nicht und beteiligte sich aktiv an der sogenannten „Hammer-Operation“ des türkischen Militärs gegen die PKK. Die Teilnahme der KDP beschränkte sich nicht nur auf die Gefechte, sondern griff über auf die Städte in Südkurdistan. So wurde am zweiten Tag der Invasion, am 16. Mai 1997 ein Krankenhaus des Kurdischen Roten Halbmondes namens „Stiftung für das Leben und den Aufbau Kurdistans“ (kurd. Dezgay Jiyan û Awedan, DJAK) für Verletzte der PKK und viele andere Einrichtungen der PKK-nahen Organisationen, wie z.B. Parteibüros der YNDK (Nationaldemokratische Einheit Kurdistans), der YAJK (Verband der Freiheit der Frauen Kurdistan), das Mesopotamia Kulturzentrum, das Büro der Zeitung Welat (Heimat) und Welatê Roj (Die Heimat der Sonne) in der Stadt Hewler von schwerbewaffneten KDP-Milizen überfallen. Alleine im Krankenhaus für Verletzte der PKK ermordete die KDP 62 verletzte und kranke PKK-KämpferInnen. Insgesamt haben KDP-Milizen 83 PKK-Mitglieder ermordet.
Dieses schwarze Ereignis ging in die kurdische Geschichte als „das Massaker von Hewler“ ein. Das Lied „Hewlêr“ von Hozan Serhad - einer der populärsten Künstler der kurdischen Guerilla-Musik - ist an das Massaker vom 16. Mai 1997 in Hewler gewidmet.
Ismail Zagros.[1]