Aktivist:innen protestierten mit einer Kunstaktion vor dem Parlament in Wien gegen Abschiebungen in die Türkei. Wer in die Türkei abschiebe, setze damit Menschenleben aufs Spiel, erklärte die Sprecherin der Aktion.
Mit einer Kunstaktion haben Aktivist:innen am Mittwoch vor dem Parlament in Wien gegen Abschiebungen in die Türkei protestiert. Die Aktion soll irritieren, besonders in konservativen und rechten Regierungskreisen in Österreich und der Türkei: Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan schmusend vor dem Parlament! Hinter den Masken, die die beiden Politiker darstellen sollen, steckten Aktivist:innen, die gegen die Zusammenarbeit mit dem türkischen Regime protestieren, es ging dabei vor allem um die Abschiebung von Kurd:innen und regimekritischen Menschen in die Türkei.
Die Sprecherin der Initiative gegen Abschiebungen in die Türkei, welche hinter der Kunstaktion steckt, erklärte: „Wir beobachten, dass Kurd:innen und Oppositionellen zunehmend kein politisches Asyl mehr gewährt wird. Die österreichischen Behörden behaupten, dass die Türkei ein sicheres Herkunftsland ist, aber das stimmt nicht. In der Türkei sitzen tausende Oppositionelle hinter Gittern. Es kommt immer wieder zu Folter und außerdem führt das Erdoğan-Regime Krieg gegen die kurdische Freiheitsbewegung! Allein in der letzten Woche wurden bei Drohnenangriffen mindestens acht Personen getötet.“ Wer in die Türkei abschiebe, setze damit Menschenleben aufs Spiel, so die Sprecherin.
Zuletzt war im August gegen die Abschiebung des regimekritischen Kurden Eren U. in die Türkei protestiert worden. Der junge Mann wurde kurz vor seiner Hochzeit in Österreich in Schubhaft (Abschiebehaft) genommen und ausgeflogen. „Eren ist dabei kein Einzelfall“, machte Can klar. Am Mittwoch brachte die Initiative gegen Abschiebungen in die Türkei deshalb auch eine Petition für politisches Asyl für Menschen aus der Türkei im Parlament ein. Sie wird auch von Politiker:innen unterstützt, so zum Beispiel vom Leiter der SPÖ-Delegation im EU-Parlament, Andreas Schieder: „Ich bin der Meinung, dass es einen sofortigen Abschiebestopp von Österreich in die Türkei für die betroffenen Kurd:innen in Österreich geben muss“, erklärte Schieder. Und weiter: „Auch eine Neubewertung der Türkei als sicheres Herkunftsland ist dringend notwendig.“ Angelika Adensamer, Juristin und Sprecherin der Partei LINKS, sagte unter anderem: „Österreich verletzt Tag für Tag die Menschenrechte: ein Staat, der es unterlässt, Verfolgten und Menschen in Not zu helfen, sie aufzunehmen und sie mit Respekt zu behandeln, und sie stattdessen abschiebt, macht sich mitschuldig.“
Auch bekannte Persönlichkeiten aus der österreichischen Kulturlandschaft unterstützen das Anliegen der Initiative gegen Abschiebungen in die Türkei. „Die österreichische Bundesregierung muss sich an die Genfer Flüchtlingskonvention halten und Leben, sowie Meinungsfreiheit der Betroffenen schützen“, erklärte die Regisseurin Katharina Mückstein in Bezug auf die Asylpolitik Österreichs. Klare Worte fand auch Doron Rabinovici, Schriftsteller und Historiker: „Die UN-Antifolterkonvention unterzeichnet zu haben, bedeutet für Österreich nicht bloß, selbst keine Folter auszuüben. Wir sind verpflichtet die Tortur nicht fortzusetzen, indem wir gemeinsame Sache machen mit jenen, die in anderen Ländern – etwa in der Türkei – Folter einsetzen, um Oppositionelle zu verfolgen. Das Recht auf Asyl ist die letzte Sicherheitsgarantie menschlichen Seins.“
Wie sich der Nationalrat zur Petition verhält, ist unklar, der Protest soll derweil weitergehen: Im Anschluss an die Kunstaktion, die zeitgleich zur ersten Parlamentssitzung nach der Sommerpause stattfand, fand am Mittwochabend eine Demonstration um das Parlament statt. Zu der Demonstration hatten verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen aufgerufen, so zum Beispiel Asyl in Not, die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung oder FEYKOM (Rat der kurdischen Gesellschaft in Österreich).[1]