Zu Lebzeiten des Propheten Mohammed wurde der Begriff Cami/Dschami nicht für Gebetshäuser verwendet. Im Koran und in den Hadithen heißt es nur Mescit/Masdschid. Masdschid bedeutet Ort der Niederwerfung. Das erste mal, dass der Begriff Dschami in der Literatur auftaucht ist das Jahr 871. Ab diesem Zeitpunkt heißt es Masdschid Dschami. Und erst ab dem 11. Jahrhundert wird der Begriff Dschami separat für Gebetshäuser verwendet.
Was bedeutet Cem?
Cem ist aus dem arabischen Wort Dscham (Versammlung) entlehnt und heißt Versammlung/Zusammenkunft. Das Cam in Cami bedeutet genauso Versammlung und ist ebenso aus dem selben Wort Dscham entlehnt.
Wie wurde aus Dscham genau Cem?
Wenn arabische Begriffe türkisiert werden, dann wird z.B. der Buchstabe A zu einem E, oder D zu einem T. Ein paar Beispiele: Ahmad = Ahmet, Muhammad = Muhammet, Mascid = Mescit. Auf diese Weise wurde Cam zu Cem.
Durch das I am Ende von Cami kriegt dieses Wort die Bedeutung Versammlungsort. Und da Ev Haus heißt, bedeutet Cemevi folglich Versammlungshaus. Somit nennen wir Aleviten unser Mescit heutzutage Cemevi (Versammlungshaus) und die Sunniten hingegen Cami (Versammlungsort), das sind die Nachfolgebezeichnungen für den damaligen Begriff Mescit (Ort der Niederwerfung).
Wie schon erwähnt, bedeutet Masdschid ein Ort, an dem man sich niederwirft. Mit anderen Worten, auch mein Wohnzimmer, mein Garten oder der Fachschaftsraum in der Uni können sich plötzlich in ein Masdschid verwandeln. Der Prophet Mohammed hat die meiste Zeit draußen unter freiem Himmel gebetet. Zu seinen Lebzeiten gab es gar keine Moscheen, so wie sie heutzutage existieren. Erst mit der Zeit, im Zuge der Eroberungen und dem damit einhergehenden Einfluss lokaler Bau- und Kunsttraditionen, entwickelten sich diese einst schlichten Hof-Gebetshäuser zu geschlossenen Gebäudekomplexen und es entstanden Hof-Hallen-Moscheen, Vier-Iwan-Moscheen, Zentralkuppel-Moscheen usw.
Zu Lebzeiten des Propheten gab es daher auch keine Minarette. Diese entstanden wohl erst in der Zeit der Umayyaden, vermutlich dienten die christlich-syrischen Kirchtürme dafür als Vorbild. Da der Begriff Minarett vom arabischen Wort „manara“ kommt, was Ort des Lichts/Feuers bzw. Leuchtturm bedeutet, dienten diese wohl ursprünglich als von Fackeln erhellte Wachtürme. Die älteste Spur, was auf ein Minarett hindeuten könnte, befindet sich in Bosra (Syrien). Archäologen haben eine arabische Inschrift auf einem Block aus Basalt entdeckt. Yezid II. wollte anscheinend einen Turm bilden, welches neben der Moschee liegt. In der Inschrift heißt es:
„Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen. Der Diener Gottes Yezid, Fürst der Gläubigen, ordnete die Konstruktion dieser Moschee und die Errichtung des Minaretts an. Al-Harit leitete die Konstruktion. Im Jahre 102 (724). Verfasst von al-Harit.“
Auf jeden Fall ist das älteste erhalten gebliebene Minarett das von Kairouan (Tunesien) und man hatte angenommen sie wurde 724 -727 auf Befehl von Umayyaden-Kalif Hischam ibn Abd al-Malik erbaut, doch Archäologen glauben heute, dass diese Konstruktion im 9. Jahrhundert von Ziyadat Allah I. errichtet wurde.
Auch die Gebetsnische (mihrab) ist erst später entstanden, vermutlich in Anlehnung an die Thora-Nische.
Worauf ich hinaus möchte ist, dass ein Gebetshaus, ein Ort der Niederwerfung (Mescit) keine Form hat, im Endeffekt sind Gebetshäuser nichts weiter als aufeinandergesetzte Steine. Guckt euch mal die Kaaba an, laut Koran das erste Gebetshaus, welches von Abraham und seinem Sohn Ismail erbaut wurde. Sieht es aus wie eine heutige Moschee?! Überhaupt nicht. Wohl eher wie ein Würfel (Kaaba bedeutet ja auch Würfel).
Wurde der Begriff Cemevi auch früher schon verwendet?
In dem Buch „Alevilik – Hak Muhammed Ali Yolu“ von Kadir Dogan wird dargelegt, dass der Begriff Cemevi auch in den Gedichten Pir Sultan Abdals und Sah Hatayis anzutreffen ist, somit war schon im 16. Jahrhundert der Name Cemevi geläufig.
– Pir Sultan Abdal:
„Pir Sultan’im akar cesmimin yasi
Bölük bölük oldu cigerim basi
Evvel Hak ceminden kalkmayan kisi
Simdi Cemevine gelemez oldu“
– Sah Hatayi:
„Sah Hatayi’yim bu sirra ereyim dersin
Sardaki sultani göreyim dersin
Sualsiz cennete gireyim dersin
Cemevine diri varma ölü var“
Wie viele alevitische Gebetshäuser gibt es eigentlich in der Türkei?
Dazu gibt es keine genauen Angaben, jedoch ließ das Innenministerium auf Anfrage von Hüseyin Aygün 2013 verlautbaren, dass in der Türkei 937 Cemevis existieren würden. Demnach soll es in 50 Provinzen Cemhäuser geben und die meisten davon in Tokat, Corum, Sivas, Istanbul und Maras. Falls die Zahlen stimmen sollten, kann man heute (nach 4 Jahren) davon ausgehen, dass die Anzahl der alevitischen Gebetshäuser gestiegen ist.
Zum Vergleich: Laut den Daten, welches das Amt für Religiöse Angelegenheiten 2013 veröffentlichte, gab es zu dieser Zeit in der Türkei insgesamt offiziell 82.693 Camis, die meisten davon in Istanbul, nämlich 3.113 und Tunceli war mit 117 Camis, die Provinz mit der niedrigsten Zahl an Moscheen. Was!? 117?! In Dersim!?!? Nicht erschrecken liebe Freunde. Als Kenan Güven Provinzgoverneur (1982-1986) in Tunceli wurde, begann das Projekt „in jedes Dorf eine Moschee“ und es wurden somit Moscheen in alevitischen Dörfern errichtet. Jedoch haben die Dorfbewohner diese Camis als Toilette, Scheune oder Tierstall benutzt. Es existieren also nur auf dem Blatt 117 Moscheen, so gut wie alle sind in Wirklichkeit nur leerstehende Gebäude. Übrigens, laut einem Artikel der Tagesspiegel (2016) gibt es in Deutschland ca. 900 DITIB-Moscheen.
Fazit: Aleviten bezeichnen ihr Gebetshaus heutzutage Cemevi (Versammlungshaus) und die Sunniten hingegen Cami (Versammlungsort). Das sind die Nachfolgebezeichnungen für den zu Lebzeiten Mohammeds verwendeten Begriff Masdschid (Ort der Niederwerfung). Der Prophet Mohammed hat die meiste Zeit im Freien gebetet und die einfachen Gebetshäuser zu seiner Zeit ähnelten keinesfalls den heutigen Moscheen.
Autor: Van Dersim.[1]