Im Zusammenhang mit dem #PKK# -Verbot befinden sich derzeit zwölf Kurden in deutschen Gefängnissen. Wie die Türkei verfolgt Deutschland kurdische Aktivist:innen aus politischen Gründen auch im Ausland.
Seit 2011 werden in Deutschland lebende Kurdinnen und Kurden auf Grundlage des §129a/b StGB (Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung) angeklagt, inhaftiert und zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Im Zusammenhang mit dem PKK-Verbot befinden sich derzeit zwölf Kurden in deutschen Gefängnissen.
Die für die §129b-Verfahren zuständige Bundesanwaltschaft beschränkt sich bei der Strafverfolgung nicht auf Personen, die sich in Deutschland aufhalten. Zunehmend werden kurdische Aktivist:innen auf Grundlage europäischer Haftbefehle im Ausland festgenommen und an Deutschland ausgeliefert, um sie hier als vermeintliche PKK-Mitglieder anzuklagen. Sabri Çimen wurde in Frankreich festgenommen und ausgeliefert, Mehmet Çakas aus Italien, Kenan Ayaz aus Zypern und Ferit Çelik aus Schweden. Auch Belgien hat eine Aktivistin ausgeliefert, Verfahren in weiteren Ländern sind anhängig.
Am 7. August hat ein erstmalig ein niederländisches Gericht einem deutschen Auslieferungsgesuch stattgegeben und Haftbefehl gegen Serdar Karakoç erlassen. Der kurdische Journalist lebt seit über zwanzig Jahren als politischer Flüchtling in den Niederlanden und hat sich unter anderem mit Tätigkeiten des türkischen Geheimdienstes MIT in Deutschland befasst. Bei seinen Recherchen sprach er mit bedrohten Oppositionellen, darunter auch deutschen Abgeordneten.
Legale Tätigkeiten werden kriminalisiert
Dem größten Teil der Angeklagten werden keine individuellen Straftaten vorgeworfen, sondern es wird legale politische Tätigkeit kriminalisiert – wie das Organisieren von Veranstaltungen und Demonstrationen. Die Strafbarkeit dieser Tätigkeiten sieht die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe allein dadurch gegeben, dass die Personen angeblich in PKK-Strukturen eingebunden seien. Belegt wird dies in den Prozessen im Wesentlichen durch oft monatelang durchgeführte Telefonüberwachungen und Observationen.
Durch außenpolitische Interessen der Bundesregierung bestimmt
Dass Anklagen und Inhaftierungen nach §129a/b politisch motiviert sind, zeigt eine Besonderheit dieses Paragrafen: Ermittlungen dürfen erst geführt werden, wenn eine entsprechende Verfolgungsermächtigung durch das Bundesjustizministerium vorliegt. Damit bestimmen nicht objektive Maßstäbe darüber, welche ausländischen Organisationen juristisch verfolgt werden, sondern die außenpolitischen Interessen der Bundesregierung.
Länderübergreifende politische Verfolgung
Viele der aktuell vom deutschen Staat verfolgten Kurden waren schon in der Türkei im Gefängnis und zumeist schwerer Folter ausgesetzt. Weil die Verfolgung auch nach der Haftentlassung weiterging, suchten sie politisches Asyl in Europa. Die Hoffnung, hier legal gegen das staatliche Unterdrückungssystem der Türkei arbeiten zu können, erwies sich als Trugschluss. Mit ähnlichen Vorwürfen wie in der Türkei werden sie auch in Deutschland als Terroristen stigmatisiert, verfolgt und verhaftet.
Postadressen kurdischer Gefangener in Deutschland
Der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. fordert Solidarität mit der kurdischen Bewegung ein und ruft dazu auf, den politischen Gefangenen zu schreiben. Die aktuellen Adressen der nach §129b inhaftierten Kurden hat AZADÎ im August wie folgt angegeben:
Kenan Ayas, Untersuchungshaftanstalt Hamburg, Holstenglacis 3, 20355 Hamburg (Anmerkung: sein tatsächlicher Nachname lautet AYAZ; in türkischen Dokumenten steht AYAS, was auf ein Versehen beim Eintrag nach seiner Geburt zurückzuführen ist. Damit er Briefe etc. erhält, muss der Name AYAS verwendet werden.)
Özgür Aydin, JVA Bremen, Am Fuchsberg 3, 28239 Bremen
Mehmet Çakas, JVA Hannover, Schulenburger Landstr. 145, 30165 Hannover
Sabri Çimen, JVA Wittlich, Trierer Landstr. 64, 54516 Wittlich
Mazlum Dora, JVA Stuttgart, Asperger Str. 60, 70439 Stuttgart
Ali Engizek, JVA Düsseldorf, Oberhausener Str. 30, 40472 Ratingen
Tahir Köcer, JVA Sehnde, Schnedebruch 8, 31319 Sehnde
Abdullah Öcalan, JVA Heilbronn, Steinstraße 21, 74072 Heilbronn
Ali Özel, JVA Frankfurt a.M. I, Obere Kreuzäckerst. 6, 60435 Frankfurt am Main
Kadri Saka, Untersuchungshaftanstalt Hamburg, Holstenglacis 3, 20355 Hamburg
Haci A., JVA Kempten, Post: c/o Azadi e.V., Hansaring 82, 50670 Köln
Ferit Çelik, JVA Koblenz, Simmerner Str. 14A, 56075 Koblenz.[1]