Die in Deutschland verbotene „Arbeiterpartei Kurdistans“ (#PKK# ) verfügt über einen umfangreichen Medienapparat, den sie zur Verbreitung ihrer Ideologie und zur Rekrutierung neuer Unterstützer und Kämpfer nutzt. Im vergangenen Jahr wurden in mehreren baden-württembergischen Städten zwei Filme vorgeführt, die den Kampf der PKK-Guerillaeinheiten in Syrien und im Irak thematisieren. Die Filme haben unter anderem das Ziel, den bewaffneten Kampf der PKK zu legitimieren und für sie zu rekrutieren.
Die PKK ist eine kurdische Organisation, die 1978 in der Türkei gegründet wurde. Sie versteht sich als die einzige legitime Vertretung aller Kurden in ihren traditionellen Siedlungsgebieten in Irak, Iran, Syrien und in der Türkei. Die Organisation verfolgt einen sozialistischen Ansatz und setzt sich für die Selbstbestimmung der kurdischen Bevölkerung und die Anerkennung ihrer kulturellen Identität ein. Zu ihren Hauptzielen gehört daher eine lokale, unabhängige Selbstverwaltung in ihren Siedlungsgebieten.
Um diese Ziele zu erreichen, rief der PKK-Gründer Abdullah ÖCALAN 1984 zum bewaffneten Kampf auf. Dieser wird seither von unterschiedlichen Guerillaeinheiten fortgeführt. Die PKK wurde 1993 durch das Bundesministerium des Innern mit einem Betätigungs- und damit einhergehenden Kennzeichenverbot in Deutschland belegt. Darüber hinaus steht die PKK seit 2002 auf der Liste terroristischer Organisationen der Europäischen Union.
Die Bedeutung der PKK-Propagandafilme
Videos und Filme, die politische Überzeugungen, Ideologien oder Botschaften verbreiten und fördern sollen, werden Propagandafilme genannt. Ihr Hauptzweck besteht darin, die Meinung und Einstellung von Personen zu beeinflussen, damit diese eine bestimmte politische Agenda unterstützen. Typischerweise verwenden sie dafür bestimmte Techniken und Stile, um ihre Botschaften zu verstärken und bestimmte Narrative zu fördern. Dazu gehört es, komplexe Themen zu vereinfachen, Stereotypen zu erzeugen, zu emotionalisieren und Feindbilder herauszustellen.
Propagandafilme der PKK behandeln meist die Situation in den kurdischen Siedlungsgebieten und sonstige für die PKK relevante Ereignisse. Dabei werden Kurden als unterdrücktes Volk und die PKK und ihre Guerillaeinheiten als heroische Befreiungskämpfer dargestellt. Dies soll sowohl der Motivation der eigenen Anhängerschaft als auch der Rekrutierung von neuen Unterstützern und Kämpfern dienen.
In PKK-nahen Vereinen in Baden-Württemberg werden regelmäßig Interviews von Guerillakämpfern gezeigt, insbesondere auf Gedenkveranstaltungen für sogenannte Märtyrer. Zudem kursieren mehrere Dokumentationen über das Leben von ÖCALAN im Internet, um den innerhalb der PKK ein ungebrochener Führerkult herrscht. Zuletzt konnten auch zwei Propagandafilme mit den Titeln „Kobanê“ und „Nameyen ji Sengal – Letters from Shengal“ in Form von Spielfilmen festgestellt werden. Während der eine frei verfügbar im Internet zu finden ist, wurde der andere in PKK-nahen Vereinen in Baden-Württemberg vorgeführt, teils in extra angemieteten Kinosälen. Produziert wurden sie von PKK-nahen Medienorganisationen wie „Ronahi TV“, „Sterk TV“ und „Komina Film A Rojava“, die auch für andere Medienformate der PKK verantwortlich sind.
Im Frühjahr 2023 wurde der Film „Kobanê“ bundesweit vorgeführt, so auch in Heidelberg, Heilbronn und Weingarten. Dabei zog er hunderte Zuschauer an. Der Film behandelt den Kampf der „Volksverteidigungseinheiten“ (YPG) und „Frauenverteidigungseinheiten“ (YPJ) gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) zwischen 2014 und 2015 um die syrische Stadt Kobanê, die vorwiegend kurdisch besiedelt ist. Bei der YPG und YPJ handelt es sich um syrische Schwesterorganisationen der PKK. Der Film bedient gängige Narrative der PKK, indem gleich zu Beginn von der „Erzählung eines Epos“ die Rede ist. Die Hauptdarstellerin des Films wird als eine starke und geschätzte Frau in einer Führungsposition innerhalb der PKK-Strukturen dargestellt. Als solche ist sie auf dem Filmplakat mit festem Blick in die Ferne abgebildet, während im unteren Abschnitt des Plakats eine Kriegsszene gezeigt wird. In dem Film werden die Guerillaeinheiten als starkes familiäres Gefüge präsentiert, das angeblich vom Westen im Stich gelassen wurde und nunmehr den einzigen Widerstand gegen den IS darstelle. In langen Kampfszenen wird der Tod von einzelnen Personen stark emotionalisiert und heroisiert. Zudem werden reale Aufzeichnungen der zerstörten Stadt Kobanê und von Kämpfern eingeblendet.
Filmplakat Kobane
https://kinemathek-karlsruhe.de/film/kobane/ [zuletzt abgerufen am 27.05.2024]
Filmplakat des PKK-Propagandafilms „Kobanê“
Der Film mit dem Titel „Nameyen ji Sengal – Letters from Shengal“ wurde im Herbst 2023 in Tübingen, Neckarsulm, Stuttgart und Heidelberg vorgeführt. Der Film behandelt den Genozid an den Jesiden in der Region Shingal im Irak durch die Terrormiliz IS. Allerdings wird auch hier die Rolle der PKK-Guerillaeinheiten im Kampf gegen den IS dargestellt: Auf dem Filmplakat sind eine Frau in typischer PKK-Kampfbekleidung sowie bewaffnete Personen prominent abgebildet.
Filmplakat Shengal
https://www.zeise.de/film/3131
Filmplakat des PKK-Propagandafilms „Nameyen ji Sengal – Letters from Shengal“
Bewertung
Die beschriebenen PKK-Propagandafilme werden zwar als Erzählung und Darstellung realer Ereignisse beworben, in erster Linie geht es aber darum, die Ziele und den Kampf der verbotenen und als terroristisch eingestuften PKK in den Vordergrund zu stellen. Sie dienen damit nicht nur dem Versuch der Legimitation der PKK, sondern auch zur Rekrutierung neuer Unterstützer und Kämpfer. Dafür greifen die Filme auf gängige Narrative der Organisation zurück und stellen den Tod im Kampf als ehrenvoll dar. Filme dieser Art bergen die Gefahr, dass junge Menschen mit PKK-nahen Strukturen in Berührung kommen und sich eventuell sogar zur Teilnahme am bewaffneten Kampf verleiten lassen.
Daneben haben auch PKK-nahe Großveranstaltungen eine besondere Bedeutung bei der Rekrutierung junger Menschen: So führen einschlägige Jugendorganisationen regelmäßig sogenannte „Kultur- und Sportfestivals“ durch, die meist von bis zu 2000 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland besucht werden. Neben der Darbietung von Musik und Tanz werden hier auch ideologische Ansprachen gehalten und junge Menschen so an die PKK herangeführt. Zuletzt fand dieses Festival am 25. Mai 2024, wie im Jahr zuvor auch, in Freiburg statt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Die Kultur ist die Rüstung unserer Existenz“ und wurde von bis zu 1.500 Personen besucht.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz schätzt, dass sich seit 2013 rund 295 Personen aus Deutschland in die kurdischen Kampfgebiete im Südosten der Türkei, im Nordirak und in Nordsyrien begeben haben. Weiterführende Informationen zum Rekrutierungsprozess durch die PKK erhalten Sie auf der Seite des Bundesamts für Verfassungsschutz.[1]