Die Zahl der Festnahmen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen den kurdischen Kunst- und Kulturverein Binevş in Adana ist auf 39 gestiegen. Im selben Zusammenhang wurde auch in Amed eine Kultureinrichtung durchsucht.
Im Zusammenhang mit der am Montag in der Çukurova-Ebene losgetretenen Repressionswelle gegen die kurdische Kulturszene ist die Zahl der Festnahmen auf 39 gestiegen. Offiziell richtet sich das von der Generalstaatsanwaltschaft Adana geführte Ermittlungsverfahren gegen den Kunst- und Kulturverein Binevş, der in der südtürkischen Millionenmetropole beheimatet ist. Unter den Festgenommenen befinden sich neben Kunstschaffenden und Vereinsbeschäftigten jedoch auch Politikerinnen und Politiker der HDP und ihrer Schwesterpartei DBP, Aktivistinnen der Frauenbewegung TJA und Vorstandsmitglieder der Organisation Aykay-Der, ein Solidaritätsverein für Menschen, die Angehörige im kurdischen Befreiungskampf verloren haben. Auch die stellvertretende Bürgermeisterin der Kreisstadt Seyhan ist festgenommen worden, zuvor wurde ihr Büro durchsucht.
In Adana befinden sich nach bisherigem Stand mindestens 35 Personen in Polizeihaft. Razzien und Festnahmen gab es auch der benachbarten Provinz Mersin sowie in den kurdischen Städten Amed (tr. Diyarbakır) und Mêrdîn (Mardin). In Mersin wurden Häuser von Angehörigen der TJA-Aktivistin Zana Çoban, nach der weiterhin gefahndet wird, von einer polizeilichen Antiterroreinheit gestürmt. Obwohl kein Durchsuchungsbeschluss vorlag, wurde das Haus ihres Großvaters akribisch durchforstet. Bei einer weiteren Wohnungsrazzia wurde Çobans Schwester eigenen Angaben nach zunächst beschimpft und anschließend bewusstlos geschlagen. Die Kurdin will Anzeige erstatten.
In Mêrdîn gab es eine Festnahme, der Betroffene wird nach Adana überstellt. In Amed stürmte die Polizei zunächst den Kunst- und Kulturverein Dicle und beschlagnahmte Festplatten, PCs, Bücher und Dokumente, bevor es bei Wohnungsdurchsuchungen zu drei Festnahmen kam. Die drei Männer werden ebenfalls nach Adana gebracht. Derweil sind die Hintergründe des Ermittlungsverfahrens weiter unklar, die Akte ist zunächst für 48 Stunden mit einer Geheimhaltungsverfügung belegt. Es wird jedoch vermutet, dass es sich um ein politisch motiviertes Verfahren unter dem Label „Terrorismus“ handelt. In einem ähnlichen Vorgehen waren vor wenigen Wochen sechzehn Journalistinnen und Journalisten kurdischer Medien verhaftet worden.[1]