Zwei Dorfbewohner aus der Provinz Wan befanden sich aufgrund von gefälschten Durchsuchungsprotokollen mehr als ein Jahr wegen „Terrorunterstützung“ in Haft. Nun wurden sie freigesprochen.
Ein Verfahren aus dem Jahr 2017 endete jetzt für die zwei Dorfbewohner Cumhur und Sürri Alıcı aus dem Kreis Payîzava (tr. Gürpınar) in der nordkurdischen Provinz Wan mit einem Freispruch. Die Urteilsbegründung wirft ein deutliches Licht auf die Methoden der türkischen Polizei und Justiz. Die beiden Dorfbewohner saßen mehr als ein Jahr aufgrund von gefälschten Durchsuchungsprotokollen in Haft.
„Weil der Hund anschlug, wurde eine ‚Bombe‘ ins Durchsuchungsprotokoll eingetragen“
Am 14. Mai 2017 explodierte auf der Straße zum Weiler Taşlîca im Kreis Payîzava ein Sprengsatz der Volksverteidigungskräfte (HPG). Dabei wurden mehrere Dorfschützer schwer verletzt. Daraufhin durchsuchte die Militärpolizei Wohnungen in Taşlîca. Die Militärpolizei nahm Sürri Alıcı und Cumhur Alıcı aus dem Weiler zuerst als Zeugen mit. Beim Eintreffen auf der Station wurden die beiden jedoch festgenommen. Im Anschluss wurden sie unter dem Vorwurf, sie hätten Mitglieder der PKK versteckt und bei der Durchsuchung ihrer Wohnungen hätten Hunde Bomben und ähnliches Material festgestellt, verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Ihnen wurde Beteiligung an einer Tötungshandlung zur Last gelegt.
Im Juni 2018 wurden Surri und Cumhur Alıcı aus der Untersuchungshaft entlassen. Im laufenden Verfahren vor dem 4. Hohen Strafgerichtshof in Wan wurde festgestellt, dass die Durchsuchungsprotokolle gefälscht waren und es keine Bomben oder entsprechendes Material gegeben hätte. Der Soldat, der für die Hunde verantwortlich war, sagte, dass die Hunde bissig seien und die Personen zerfetzen könnten, daher habe man gar keine solche Untersuchung angestellt. Die Soldaten, die das Durchsuchungsprotokoll unterzeichneten, behaupteten, sie hätten es unterschrieben, ohne zu wissen, um was es gehe.
Falsche geheime Zeugen
Zusätzlich zu der gefälschten Bombenmeldung gibt es auch eine gefälschte Anzeige. Am 15. Mai 2017 fertigten die Soldaten der Kırkgeçit-Polizeistation folgenden Bericht an: „Nach der Detonation einer Landmine / IED auf der Straße in der Nähe des Weilers Taşlıça im Stadtteil Gürpınar Oğuldamı berichtete eine Person, die ihre Identität nicht preisgeben wollte, dass die Mitglieder der Organisation, die die Explosion durchführten, in den Häusern von Feyzi Abut, Yüksel Abut, Cumhur Alıcı und Sürri Alıcı im Weiler Taşlıca wohnten, und dass sie die Sprengsätze in einem dieser Häuser vorbereitet haben könnten.“ Diese angebliche Aussage wurde um acht Uhr getätigt, um zehn Uhr, als die Dorfbewohner zur Wache gebracht wurden, waren sie aber immer noch Zeugen. Die Soldaten, die das Protokoll unterzeichnet hatten, bestätigten dies.
Alle Protokolle gefälscht
Sinan Özaras, der Anwalt von Sürri und Cumhur Alıcı, sagte, dass die Dorfbewohner nach dem Bombenanschlag auf die Dorfschützer im Jahr 2017 unter dem Vorwurf verhaftet wurden, eine Tötungshandlung im Sinne von Artikel 302 begangen zu haben. Özaras erklärte, dass falsche geheime Zeugen gegen die Dorfbewohner erfunden wurden. Auch sei eine falsche Anzeige und ein falsches Protokoll über Bomben erstellt worden. „Dieser Bericht wurde um 8 Uhr morgens erstellt. Während die beiden in einem Militärfahrzeug zur Polizeiwache gebracht wurden, wurde gemeldet, dass der Hund anschlug. In einem Bericht wurde behauptet, dass sie TNT bei sich hatten und dass dies an der Reaktion der Hunde zu erkennen war. Vor Gericht sagten vor allem diejenigen, die den Bericht unterzeichnet hatten, dass sie nicht wüssten, warum sie einen solchen Bericht unterzeichnet hätten. Der Soldat, der für die Hunde verantwortlich war, sagte, dass die Hunde bissig seien und die Personen zerreißen könnten, weshalb man gar keine solche Untersuchung angestrengt habe. Es stellte sich heraus, dass das Militär Aussage und Protokoll fabriziert hatten.“
Aus Zeugen wurden Angeklagte
Özaras weiter: „Gleichzeitig wurden diese Personen als Zeugen auf die Polizeiwache gebracht. Obwohl sie zwischen zehn Uhr und elf Uhr als Zeugen auf die Polizeiwache gebracht wurden, lag die Anzeige angeblich bereits um acht Uhr vor. Die Unterzeichner des Protokolls gaben an, dass diese Personen als Zeugen auf die Polizeiwache gebracht wurden. Es stellte sich heraus, dass es keine Anzeige gab. Falsche und unwahre Berichte wurden eingereicht. Wir sehen, dass der Staat seinen Bürgern eine Falle gestellt hat. Sie wurden ein Jahr lang wegen unrechtmäßiger und unzulässiger Beweismittel inhaftiert. Im Ergebnis der Verhandlung wurde das mit dem Freispruch bestätigt. Unser juristischer Kampf wird weitergehen.“[1]