Das Klischee, dass eine echte kurdische Mahlzeit nicht ohne Fleisch auskommt, ist hinfällig. Mit den Veganên Kurdistanê gibt es inzwischen auch eine Gruppe, die sich für ein Leben ohne tierische Produkte einsetzt.
Nach wie vor ist das Vorurteil weit verbreitet, dass Kurden ohne Fleischverzehr nicht leben können. Zahlreiche vegetarisch und vegan lebende Kurdinnen und Kurden beweisen jedoch das Gegenteil dieses unsinnigen Klischees. Mit den Veganên Kurdistanê (Veganer*innen Kurdistans) gibt es inzwischen auch eine Gruppe, die sich in sozialen Netzwerken für ein Leben ohne tierische Produkte einsetzt.
Die Gruppe besteht bisher aus 17 Personen, die in Istanbul, #Amed,# Wan und Izmir leben. Einer der Aktivisten ist Gernas Nenas. Von der Entstehung der #kurdischen# Veganismus-Gruppe erzählt er: „Einer von uns hat einen Tweet abgesetzt, um mit anderen kurdischen Veganern Kontakt zu bekommen. Dann haben wir eine Whatsapp-Gruppe gegründet und später eine ähnliche Gruppe aus Südkurdistan kennengelernt, die sich ,Vegane Organisation Kurdistans' nennt. Sie sagten, dass ein Teil ihrer Gruppe in Nordkurdistan ist. Wir haben Kontakt zu ihnen aufgenommen und die Veganên Kurdistanê gegründet.“
Diesen Schritt begründet Gernas Nenas so: „Überall auf der Welt gibt es Einrichtungen und Gruppen, die sich für ein veganes oder vegetarisches Leben einsetzen und diese Idee in ihren eigenen Sprachen verbreiten. Nur auf Kurdisch gab es bisher keinen derartigen Inhalt. Wenn du dich als Kurde vegan engagieren willst, musst du zwangsläufig auf Informationen in anderen Sprachen zurückgreifen. Neben der Sprache geht es auch inhaltlich um die kulturellen Werte eines Volkes. Was wir versuchen, ist mit unserer eigenen Sprache und eigenen Inhalten Interesse für Veganismus und Vegetarismus zu wecken.“
Auf die Frage, ob es sich um ein reines Klischee handelt, dass Kurden ohne Fleisch nicht leben können und eine fleischlose kurdische Mahlzeit undenkbar ist, antwortet Gernas Nenas: „Diese Kritiken hören wir ständig: Ich kann ohne Fleisch nicht leben, ich kann ohne Milch nicht leben, Veganismus ist eine bürgerliche Erfindung, ihr seid populistisch. Das ist ja alles normal. Dass Kurden nicht ohne Fleisch auskommen können, ist jedoch ein reines Klischee. Da stellt sich die Frage, ob sich die kurdischen Gene von denen anderer Völker unterscheiden. Da wir nicht aus dem Weltraum kommen, sind wir wie alle anderen Menschen auch von unseren Müttern auf die Welt gebracht worden. Wir können auch ohne Fleisch sehr gut leben. Fleischliche Ernährung ist reine Gewohnheitssache und es ist ein bisschen schwierig, sie aufzugeben.“
Zum Vorwurf, dass veganes Leben eine bürgerliche Idee sei, erklärt der Aktivist: „Diese Vorstellung ist unter Kurden weit verbreitet. Das ist auch nicht schwer zu verstehen, denn dieser Gedanke wird von vielen Kurden aufgrund der rassistischen Veganer vertreten. Diese rassistischen Veganer sehen die grausame Unterdrückung von Tieren, aber wenn es um die Kurden geht, sind sie taub und stumm. Wegen diesen Typen hat der Veganismus unter den Kurden seinen Wert verloren. Diese Auffassung wollen wir brechen. Veganismus ist keine bürgerliche Idee, sondern ein politischer und philosophischer Gedanke.“
Die vegane Gruppe plant für die Zukunft weitere Projekte. „Wir haben verschiedene Ideen“, sagt Gernas Nenas: „Zuerst wollen wir über YouTube Programme zur veganen Küche machen. Danach möchten wir vegane Foren in Kurdistan durchführen. Wir wollen Bücher von Ökologen wie Murray Bookchin in die kurdische Sprache übersetzen. In naher Zukunft werden wir eine Web-Seite mit unseren Ideen zu Tieren, Zirkus und Zoo einrichten.“[1]