Die 33-jährige Kurdin Roya Heshmati wurde von Irans Justiz zu 74 Peitschenhieben verurteilt, weil sie das obligatorische Kopftuch verweigerte.
Die Auspeitschung einer Kurdin durch die Regime-Justiz Irans sorgt derzeit weltweit für Wut und Empörung. Wie Menschenrechtsaktivist:innen am Samstag berichteten, bestrafte das Mullah-Regime die 33-jährige Roya Heshmati in der Hauptstadt Teheran mit insgesamt 74 Peitschenhieben. Die aus Sine (Sanandadsch) stammende Frau hatte selbst auf Facebook auf die Vollstreckung der Strafe aufmerksam gemacht und diese eindrücklich geschildert. Irans Justiz bestätigte die Vollstreckung der Peitschenhiebe. Diese seien im Rahmen des Gesetzes erfolgt, berichtete das Justizportal Mizan Online.
13-jährige Haftstrafe erfolgreich angefochten
Laut der Zeitung „Shargh“ wurde Heshmati im April 2023 nach der Veröffentlichung eines Fotos ohne das in Iran obligatorische Kopftuch festgenommen. Sie habe sich danach gegen zahlreiche juristische Vorwürfe wehren müssen. Eine mehr als 13-jährige Haftstrafe sei erfolgreich angefochten worden, sagte ihr Anwalt Masiar Tatati der Zeitung. Eine Verurteilung zu den Peitschenhieben wegen moralischer Verstöße blieb bestehen.
Auch vor Gericht ohne Kopftuch erschienen
Auf ihrem inzwischen nicht mehr öffentlich einsehbaren Facebook-Profil machte Heshmati bereits im Oktober ihr Urteil bekannt. Am 3. Januar schrieb die Aktivistin, dass sie mit ihrem Anwalt nach einer Vorladung vor den Behörden erschienen sei. Ihr Kopftuch habe sie trotz wiederholter Aufforderung aus Protest abgelegt. Den Ort, in dem sie ausgepeitscht wurde, beschrieb sie als „mittelalterliche Folterkammer“.
Tisch mit einer „Reihe von Peitschen“
Gerichtsdiener und Anwalt raten ihr dazu, das Kopftuch anzulegen, doch Heshmati bleibt unbeugsam. „Ich behielt meine Haltung bei und trug den Hidschab nicht“, beschreibt sie bei Facebook. Daraufhin hätten zwei Frauen ihr gewaltsam ein Tuch angelegt und sie mit Handschellen gefesselt, damit sie es nicht abnehmen konnte. Anschließend wird sie zu dem Raum gebracht, in dem sie ausgepeitscht werden sollte. Er liegt hinter einer Eisentür. „Am Ende des Raumes befand sich ein Bett, das mit Handschellen und beidseitig angeschweißten Eisenbändern ausgestattet war“, schildert Heshmati. Zudem gibt es „ein eisernes Gerät, das einer großen Staffelei ähnelte“ sowie einen Tisch mit einer „Reihe von Peitschen“ darin. „Es ähnelte einer voll ausgestatteten mittelalterlichen Folterkammer.“
„Im Namen der Frau, im Namen des Lebens, die Kleidung der Sklaverei wird zerrissen“
Der Vollstrecker erscheint, nimmt eine Peitsche aus der Sammlung und wickelte sie sich zweimal um die Hand. Der Richter sagte zum Vollstrecker, er solle nicht zu hart zuschlagen, so Heshmati. Dann beginnt die eigentliche Prozedur: „Der Mann begann, auf meine Schultern, meinen Rücken, meine Hüften und meine Beine einzuschlagen.“ Sie zählt die Schläge nicht, sondern singt leise: „Im Namen der Frau, im Namen des Lebens, die Kleidung der Sklaverei wird zerrissen.“
Nach den Hieben nimmt Heshmati das Kopftuch direkt wieder ab
Sie erträgt die Hiebe, ohne sich ihren Schmerz anmerken zu lassen. Als es vorbei ist und ihre Hände wieder frei sind, nimmt sie sofort das zwangsweise angelegte Kopftuch wieder ab. Heshmati betont, dass der Richter Verständnis für sie gezeigt habe. Der Fall sei ihm „unangenehm“ gewesen, glaubt sie. Er habe ihr geraten, im Ausland zu leben. Sie weist das zurück: „Ich bekräftigte unser Engagement für den Widerstand“, so Heshmati.
Verzicht auf Kopftuch Symbol der „#Jin, Jiyan, Azadî# “-Revolte
Der demonstrative Verzicht auf ein das Haar bedeckendes Kopftuch ist zu einem zentralen Symbol des Widerstands gegen das Regime in Teheran geworden. Ausgelöst wurde dieser Kampf unter der kurdischen Losung „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) durch den Tod von Jina Mahsa Amini. Die 22-Jährige war nach einer gewaltsamen Festnahme durch iranische Sittenwächter gestorben. [1]