Der #PYD# -Politiker#Salih Muslim# warnt mit Blick auf die mittlerweile abgeschlossene „Operation Sicherheitsverstärkung“ in Deir ez-Zor vor einer Reorganisierung des IS und weist Berichte über einen arabisch-kurdischen Konflikt zurück.
Zwischen dem 27. August und dem 8. September führten die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) eine Großoperation gegen #IS# -Zellen, Geheimdienstzellen des Regimes, Korruption und Drogenhandel in Deir ez-Zor durch. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit Toten und Verletzten. Insbesondere die Absetzung und Festnahme des korrupten und mit dem syrischen Regime kollaborierenden Kommandanten des Militärrats von Deir ez-Zor, Abu Khawla, und einiger Komplizen führten zu einer Eskalation der Gefechte. Die Regionalmächte, allen voran die Türkei und das syrische Regime, fachten die Auseinandersetzungen an und stellten die Kämpfe als „kurdisch-arabischen Konflikt“ dar. Die westlichen Medien griffen diese Darstellung bereitwillig auf und verbreiteten sie. In einem Interview mit ANF hat sich der Ko-Vorsitzende der Partei der demokratischen Einheit (PYD), Salih Muslim, über die Bedeutung der Operation und ihren Ablauf geäußert.
Operation gegen Wiederaufleben des IS
Am 27. August starteten die QSD eine Operation in Deir ez-Zor. Der türkische Staat und das Regime in Damaskus versuchten, die folgenden Auseinandersetzungen als einen Krieg zwischen den QSD und den arabischen Stämmen darzustellen. Was passiert in Deir ez-Zor?
Zunächst einmal müssen wir verstehen, wie es zur Operation „Sicherheitsverstärkung“ kam. Es gab bereits viele Beschwerden über Abu Khawla und einige Leute, die mit ihm zusammenarbeiteten. Diese Anzeigen kamen sowohl von der dortigen Bevölkerung, den Scheichs der Stämme als auch von Mitarbeitern des Militärrats. Abu Khawla und seine Truppe waren Mitglieder des Militärrats von Deir ez-Zor. Natürlich ist der Militärrat viel größer als diese wenigen Personen, aber es handelte sich um die einflussreichsten Angehörigen des Verbands.
In der Region gab es viele Vorfälle, darunter Verbrechen wie Attentate, Entführungen und Drogenhandel, die sich ausbreiteten. Dies war auf die Schwäche und Duldung durch den Militärrat zurückzuführen. Es war notwendig, dem ein Ende zu setzen. Der IS hatte in der Region viele Anschläge durchgeführt. Daher wurde die Operation „Sicherheitsverstärkung“ eingeleitet.
Die Operation musste bei den Personen beginnen, gegen die die meisten Beschwerden vorlagen. Auf dieser Grundlage wurden sie dann verhört und für schuldig befunden. Gleichzeitig wurden sie von all ihren Ämtern enthoben. Darüber hinaus wurden ihre Beziehungen zu verschiedenen Personen und Kräften aufgedeckt, einschließlich ihres Kontakts zu westlich des Euphrat aktiven Regimemilizen, insbesondere zu Difa al-Watani (auch National Defense Forces, kurz NDF).
Kriminelle Netzwerke machten mobil
Im Übrigen gehörten diese Personen kriminellen Netzwerken an oder hatten Kontakt zu diesen. Als sie verhaftet wurden, mobilisierten diese Netzwerke natürlich ebenfalls. Sie erhoben sich alle gleichzeitig. Als Rechtfertigung für diesen Aufstand behaupteten sie, dass die QSD gegen sie Gewalt angewendet hätten. Die Menschen in der Region wussten jedoch, dass das nicht stimmte, und glaubten ihnen nicht. Diese kriminellen Netzwerke begannen allmählich, den Aufstand auszuweiten. Am dritten Tag der Operation setzten sie Truppen und Waffen aus den vom Regime kontrollierten Gebieten westlich des Euphrat über. Sie besetzten einige Dörfer am Flussufer und versuchten, die Bevölkerung aufzuhetzen.
Die Bevölkerung unterstützt die Söldnergruppen nicht
Natürlich kennen wir die Bevölkerung von Deir ez-Zor. Sie hat nichts mit diesen kriminellen Machenschaften zu tun. Wir haben gute Beziehungen zu den Menschen dort. Als Partei haben wir auch Beziehungen zur Führung der QSD. Die Menschen dort akzeptieren diese Banden nicht, denn sie sind in den Drogenhandel verwickelt und begehen Morde. Am zweiten und dritten Tag der Offensive stellte sich heraus, dass es sich in Wirklichkeit um einen viel größeren und umfassenden Plan handelte. Viele Personen konnten in diesem Zusammenhang gefasst werden und machten Aussagen, welche die Zusammenhänge noch deutlicher vor Augen führten. Es zeigte sich, dass auch der türkische Staat in diesen Plan verwickelt war.
Angriffe waren bereits im Vorfeld von Türkei und Regime geplant worden
Diese Angriffe waren unter der Federführung des türkischen Staates besprochen, geplant und organisiert worden. Das geht auch aus dem Vierergespräch in Astana hervor. Was war der eigentliche Plan? Das wurde bereits auf der 20. Sitzung ganz offen gesagt: Es ging darum, die Selbstverwaltung hier zu stürzen und die Koalitionskräfte aus der Region zu entfernen. Am Ende des zweiten Tages der Operation starteten Angriffswellen im Norden. Die Attacken auf Til Temir, Minbic und andere Regionen hängen damit zusammen. Die Propaganda, dass die Stämme in Til Temir rebelliert und die Dörfer erobert hätten, hat dies deutlich gezeigt.
In Deir ez-Zor sind einige Tonaufnahmen aufgetaucht. Der türkische Staat hat diesen Gruppen offenbar zugesichert, parallel zu den Angriffen in Deir ez-Zor vom Norden aus anzugreifen, und zwar von fünf Punkten aus. Das geht aus den Tonaufnahmen deutlich hervor. Der türkische Staat und das syrische Regime haben damit versucht, die Menschen gegeneinander auszuspielen. Die Menschen in der Region glauben ihnen jedoch ohnehin nicht und unterstützen sie in keiner Weise. Diese Söldnergruppen wurden von Männern namens Ibrahim al-Hafl und Nawaf al-Bashir angeführt. Die Region wird durchkämmt, die Ergebnisse werden heute oder morgen bekannt gegeben.
Der türkische Staat führt Propagandakrieg gegen die Selbstverwaltung
Mit dem Beginn der Offensive in Deir ez-Zor begannen auch die Angriffe auf Minbic, Til Temir und Ain Issa. Was ist der Zusammenhang zwischen diesen Angriffen?
Der türkische Staat führt seit dem Krieg um Kobanê zusammen mit seinen Söldnergruppen, die sich als „Opposition“ bezeichnen und eigentlich seine Agenten sind, einen permanenten Propagandakrieg. Von Anfang an wurde die Selbstverwaltung als Feind betrachtet. Die Rechtfertigung, die der türkische Staat seit jeher vorgebracht hat, war, dass die Kurden eine demokratische Ordnung in Nord- und Ostsyrien errichten würden und dies auch die Kurden in Nordkurdistan stärken würde. Der türkische Staat kann das nicht akzeptieren.
Demokratie und Zusammenleben aller Völker in Nord- und Ostsyrien
Hier hat sich eine echte demokratische Struktur etabliert. Araber, Kurden, Assyrer und alle Völker leben hier zusammen. Und es gibt ein System, ein demokratisches Modell, das sie gemeinsam geschaffen haben. Dieses Modell kann auch eine Lösung für ganz Syrien sein. Aus diesem Grund war der türkische Staat von Anfang an gegen dieses Lösungsmodell, weil er Angst hat; denn die Völker, die hier leben, gibt es überall. Es gibt sie in der Türkei und in vielen anderen Ländern. Ein demokratisches System, das hier aufgebaut wird, wird sich auch dort auswirken. Das soll verhindert werden. Der türkische Staat arbeitet rund um die Uhr daran, dies zu unterbinden. Er ist bereit, mit jeder Kraft alle möglichen Bündnisse einzugehen.
Die USA und Europa schauen schweigend zu
Der türkische Staat erpresst viele Staaten, auch in Europa. Wissen oder sehen die USA bis heute nicht, was hier vor sich geht? Natürlich wissen sie es, aber sie äußern sich nicht gegen den türkischen Staat. Sie verstecken sich hinter der Rechtfertigung, dass der türkische Staat ein Mitglied der NATO ist, und obwohl sie alle seine Machenschaften kennen, schweigen sie. Europa verhält sich genauso. Auf der einen Seite lässt sich die EU vom türkischen Staat erpressen, auf der anderen Seite verfolgt sie nur ihre eigenen Interessen.
Der IS verbreitete sich von Deir ez-Zor aus
Warum Deir ez-Zor?
Deir ez-Zor ist für uns von großer Bedeutung. Dieser Ort war früher das Kerngebiet des IS. Al-Baghuz war die Hochburg des IS und sein letzter Rückzugsort. Dort wurde ihm der letzte Schlag versetzt. Es gibt in der Region immer noch Überreste des IS. Wo hat sich der IS denn zuerst entwickelt? Er entwickelte sich in Deir ez-Zor und breitete sich von dort aus. Von Deir ez-Zor aus wurde Raqqa besetzt und zur Hauptstadt des IS gemacht. Wir werden daher nicht zulassen, dass der IS sich hier von neuem entwickelt. Also muss hier etwas getan werden. Das können wir aber nur mit den Menschen vor Ort tun, indem wir sie unterstützen und mit ihren militärischen und zivilen Selbstverwaltungsstrukturen zusammenarbeiten.
IS und andere Söldnergruppen haben ihren Fokus auf Deir ez-Zor
In diesem Sinne ist Deir ez-Zor von großer Bedeutung für die Sicherheit der Region. Deir ez-Zor, Raqqa und andere Orte dürfen nicht in die Hände des IS fallen. Diese Gruppen haben im Moment ihren Fokus auf Deir ez-Zor und Raqqa gerichtet. Alle Söldnergruppen und IS-Zellen, die vom türkischen Staat unterstützt werden, haben dort ihren Ursprung. In diesem Sinne ist Deir ez-Zor für uns sehr wichtig. Die Menschen dort sind unser Volk. Wir leben zusammen. Wir sind miteinander verflochten. Während ein Teil des Stammes hier bei uns lebt, kann ein anderer Teil dort nicht unter der Kontrolle des IS oder des türkischen Staates leben. Sie können nicht unter der Kontrolle des türkischen Staates stehen. Es kann nicht sein, dass sie zur anderen Seite übertreten und diese Söldner uns angreifen lassen. Was wir hier versuchen, ist, zusammen zu leben.
Scheichs agieren in ihrem Eigeninteresse
Einige Stammesführer haben Erklärungen gegen die QSD abgegeben und entsprechende Aufrufe an ihre eigenen Anhänger gerichtet. Was können Sie dazu sagen?
Stämme oder Clans sind keine politischen Organisationen. Stämme beruhen auf Blutsbanden. In diesem Sinne haben Stämme keine politische Position. Sie können niemals eine politische Partei sein. Das Problem dabei ist jedoch, dass Stammesscheichs oft für ihre eigenen Interessen arbeiten. Sie nutzen Stammesangehörige für ihre eigenen Interessen aus. Wenn diese Menschen jedoch aufwachen oder politisiert werden, hören sie nicht mehr auf sie.
Stämme werden politisch missbraucht
Was wir hier versuchen, ist, eine moralische und politische Gesellschaft aufzubauen. Wir treten in Kontakt mit den Menschen in den Stämmen. Wir versuchen, bei ihnen ein Bewusstsein zu schaffen. Wir wollen, dass sie zumindest eine politische Vertretung haben. Stammesstrukturen können das nicht sein. Wenn man sich die Situation anschaut, stehen drei Brüder auf drei verschiedenen Seiten. Einer der Brüder ist auf der Seite des türkischen Staates, ein Bruder ist auf der Seite der Regierung in Damaskus und ein Bruder ist auf unserer Seite. Mit anderen Worten, sie haben keine politische Haltung oder einen politischen Standpunkt. Sie handeln so, wie es ihren individuellen persönlichen Interessen entspricht.
Nawaf al-Bashir zum Beispiel hat mehrmals die Seiten gewechselt. Zuerst stellte er sich auf die Seite des syrischen Regimes. Dann floh er in den türkischen Staat und schloss sich dessen Seite an. Von dort aus floh er nach Syrien. Dann ging er in den Iran. Und jetzt versucht er von dort aus die Schiiten zu mobilisieren. Es ist eine Frage des Eigeninteresses. Es ist zu einem Geschäft geworden. In diesem Sinne können die Stämme nicht als politische Struktur betrachtet werden, und es gibt Kräfte, die diese ausnutzen.
Die Selbstverwaltung kümmert sich um die Menschen
Was die Menschen betrifft, so leben sie in einem System. Die Menschen sind mit der Selbstverwaltung verbunden. Wen fragen sie, wenn sie etwas brauchen? Natürlich die Selbstverwaltung. Vieles hängt also von der Selbstverwaltung hier ab. So sollte es jedenfalls sein. Die Menschen wählen eine Selbstverwaltung in ihrem Dorf, in ihrem Landkreis und in ihrer Region, und diese Verwaltung kümmert sich um die Bedürfnisse der Menschen. Dieses System führt zu einer auf Autonomie basierenden Selbstverwaltung. In diesem Sinne sind die Menschen weit entfernt von den Interessen der Scheichs.
Zum Beispiel sind die Angehörigen des Okaidat-Stammes heute in den QSD aktiv. Das Gleiche gilt für die Baqaras. Dann stellt sich jemand hin und sagt, er akzeptiere das nicht. Doch so etwas werden die Menschen hier natürlich nicht dulden. Das gilt auch für viele andere Stämme der Region. Die meisten von ihnen beteiligen sich an den QSD und am Militärrat. Aus diesem Grund halten sich die Menschen von denjenigen, die von außen gesteuert werden und in Verbrechen verwickelt sind, so weit wie möglich fern und wollen nichts mit ihnen zu tun haben.
Es gibt keinen Aufstand gegen die Selbstverwaltung
Es wird versucht, die Geschehnisse als Aufstand gegen uns darzustellen, aber so etwas gibt es nicht. Wenn die Menschen sie nicht akzeptieren, dann haben sie auch keine Grundlage. Die Menschen dort unterstützen die Selbstverwaltung, sie sind aufgeklärt. Sie werden nicht auf diese Propaganda hereinfallen, und sie stehen an unserer Seite. Hadsch al-Bashir, der Cousin von Nawaf al-Bashir, ist zum Beispiel eine sehr beliebte Persönlichkeit. Er wird von allen respektiert und steht auf der Seite des Volkes. Er hat sich nicht von Ankara und Damaskus in dieses Spiel hineinziehen lassen. Ähnlich verhält es sich mit der Familie Hidil vom Stamm der Okaidat. Unter ihnen gibt es viele Cousins und Geschwister, die mit uns zusammenarbeiten. Sie sind auch Teil des Militärrats von Deir ez-Zor. Aus diesem Grund werden diese Menschen auf diejenigen, die mit ausländischen Mächten kollaborieren, die mit dem türkischen Staat zusammenarbeiten und in Drogenhandel und viele andere Verbrechen verwickelt sind, nicht hören und sie nicht billigen.
Der türkische Staat setzt Söldner ein
Vor allem der türkische Staat versucht wieder einmal, die Auseinandersetzungen als Widerstand der arabischen Bevölkerung gegen die QSD darzustellen. Aber besteht nicht ein großer Teil der QSD aus jungen Arabern?
Der faschistische türkische Staat wird alle möglichen Tricks versuchen, aber er wird keinen Erfolg haben. Es sind die arabischen Söhne und Töchter, die in den QSD in Serêkaniyê, Girê Spî und vielen anderen vom türkischen Staat angegriffenen Gebieten gegen diesen gekämpft haben. Sie stammen aus Deir ez-Zor und haben hier gegen den türkischen Staat gekämpft. Natürlich gibt es unter allen Völkern und Stämmen Personen, die bereit sind, sich zu verkaufen.
Wer sind die Mitglieder von Ahrar al-Sharqiya und Hayat Tahrir al-Sham? Die große Mehrheit von ihnen sind Araber. Wen ermorden sie? Sie massakrieren ihr Volk. Der türkische Staat bringt sie dazu, Kurden anzugreifen. Er lässt sie Minbic, Til Temir, Girê Spî angreifen. Solche Menschen gibt es nicht nur unter den Arabern, sondern auch unter den Kurden. Es gibt heute Menschen, die sich für Geld in Efrîn niedergelassen haben. Der türkische Staat nutzt das aus. Das ist nicht das, was wir in Deir ez-Zor wollen. Diejenigen, die in Deir ez-Zor angegriffen haben, sind nichts als Söldner. Der türkische Staat schickt sie, wohin er möchte. Er schickt sie nach Aserbaidschan, Libyen und Armenien. Was haben sie hier zu suchen? Sie kommen wegen des Geldes. Diese Söldner würden überall hingehen. Ihr einziges Ziel ist Geld. Der türkische Staat macht das Gleiche in Serêkaniyê und anderen besetzten Gebieten. So wie die Osmanen zu sagen pflegten, dass sie überall dort, wohin sie Janitscharen schickten, diese drei Tage lang tun könnten, was sie wollten, so lässt der türkische Staat heute diese Söldnergruppen agieren. Der türkische Staat kann sie nicht offen als Söldner bezeichnen. Um sie zu legitimieren, muss er einen Deckmantel für sie finden, und so wird mit der PKK und den Kurden argumentiert. Aber das funktioniert in Deir ez-Zor nicht. Denn wir leben dort schon seit acht Jahren zusammen. Wir haben ein gemeinsames System. Wir teilen unsere Sorgen und Probleme und finden gemeinsam Lösungen.
Das demokratische System passt vielen Kräften nicht
Wie ist die Haltung der Menschen vor Ort? Wie stehen sie der QSD-Offensive gegenüber?
Es gibt hier ein demokratisches System, das wir geschaffen haben, und dieses System entwickelt sich im Rahmen des Projekts der demokratischen Nation. Dieses Projekt basiert auf dem Prinzip der Geschwisterlichkeit und dem Zusammenleben der Völker. Dieses Projekt ist nichts Neues, sondern theoretisch und intellektuell wurde dafür schon seit Jahren gekämpft. Als die Zeit gekommen war, haben wir versucht, es umzusetzen. Das passt vielen Personen und Mächten heute jedoch nicht.
Es gibt einige Dinge, auf die wir uns stützen können: die Organisierung des Volkes und die Entwicklung der Gesellschaft innerhalb eines moralisch-politischen Rahmens. Warum wollte die internationale Koalition mit uns zusammenarbeiten? Weil wir unser Volk organisiert haben und uns dadurch verteidigen konnten. In diesem Fall gilt: Je mehr wir uns organisieren können, desto stärker werden wir, und desto besser können wir unser Projekt umsetzen. Mit anderen Worten: Wenn man sich selbst als Subjekt betrachtet, wird sich sicherlich jemand bemühen, mit einem zusammenzuarbeiten oder sich mit einem zu verbünden. So wie es die internationale Koalition tut. Das ist eine Frage des Eigeninteresses. Ihr Interesse besteht darin, gegen Terroristen zu kämpfen. Die Koalition hat von dieser Situation profitiert, und wir ebenfalls.
Verteidigungsfähigkeit steigt mit Organisierung
Je mehr eine Gesellschaft ihre eigene Organisierung stärkt und je politisierter die Menschen in dieser Gesellschaft sind, desto besser kann sie sich selbst verteidigen. Wir möchten das stärken und entwickeln, was in der kurdischen Gesellschaft bis zu einem gewissen Grad erreicht wurde. Genauso möchten wir es in der arabischen Gesellschaft und in anderen Gesellschaften umsetzen. Natürlich ist das gewünschte Ergebnis noch nicht erreicht worden. Es fehlen noch einige Aspekte. Wenn es heute noch einige Probleme gibt, ist das ein Zeichen dafür, dass es noch in einigen Bereichen Verbesserungen bedarf. Es erfordert also weitere Anstrengungen und Arbeit.
Eigentlich handelt es sich um eine Frage der Geisteshaltung. Je mehr wir die Denkweisen weiterentwickeln und verändern können, desto stärker wird das Ergebnis sein. Jahrelang wurde unsere Gesellschaft unter dem Baath-System mit einer chauvinistischen Mentalität regiert. Diese chauvinistische Einstellung, die an militärische Lösungen glaubt, besteht noch immer. Wir werden das ändern. Wir sprechen von Demokratie, von der Würde und Ehre der Menschen, von Zusammenleben und Koexistenz. Die veränderte Stellung der Frau in der Gesellschaft hat zum Beispiel die gesamte Form des Regierens verändert.
Die arabischen Frauen treten heute am stärksten für unser System ein
Heute sind es arabische Frauen, die am stärksten für unser System eintreten und sich uns anschließen, denn sie sind diejenigen, die in ihrer eigenen Gesellschaft am meisten unterdrückt werden. In diesem Sinne erfordert die Frage der Geisteshaltung langen Atem, Zeit und Aufrichtigkeit. Ich denke, wir werden Erfolg haben, denn das zeigt die heutige Praxis. Heute geht es den Menschen in Deir ez-Zor nicht mehr nur um Eigeninteressen, sondern um prinzipielle Fragen. Das zeigt, dass es Erfolge beim Wandel der Geisteshaltung gibt. Aber das reicht noch nicht aus.[1]